Intels Smart-Glasses namens Vaunt sind keine Modesünde

Die meisten Wearables haben eins gemeinsam: Sie sehen furchtbar aus. Davon nehme ich persönlich kaum ein Gadget aus – auch die Apple Watch etwa empfinde ich nicht gerade als modische Meisterleistung. Natürlich ist das aber auch Geschmackssache. Intel will nun den schmalen Grat wandeln und Smart-Glasses vorstellen, die sowohl funktional sind als auch einigermaßen schick aussehen. Dabei umgeht man die Kontroversen, die mit zum Scheitern von Google Glass beigetragen haben, indem man eine Kamera weglässt. Auch Brimborium wie ein Display, ein Mikrofon oder Lautsprecher spart sich Intel bisher.

Intels Vaunt sieht also wie eine große, aber doch recht normale Brille aus. Trotzdem erblickt der Träger allerlei Zusatzinformationen. Das funktioniert nicht über ein klassisches Display. Stattdessen werden Inhalte direkt in das Auge projiziert. Laut The Verge sei Intel Vaunt angenehm zu tragen und nicht unbequemer als eine reguläre Brille. Entwickler, die Interesse haben, können Vaunt noch in diesem Jahr im Rahmen eines Early-Access-Programms antesten

Intel gibt an, dass der Schwerpunkt bei Vaunt drauf liege, den Alltag des Trägers nicht zu beeinträchtigen. Wer Brillenträger sei, werde durch Vaunt keine negative Veränderung feststellen – nur eine Bereicherung. Die Technik solle sich quasi nahtlos in den Alltag einfügen. Daher strebt man auch ein Gewicht von unter 50 Gramm an. Zudem hat Intel die Bügel ein wenig flexibel gehalten. Genau das ist ein Problem vieler anderer Smart-Brillen, die aufgrund der Technik und Akkus in den Bügeln sehr starr sitzen.

Am Ende soll Vaunt im peripheren Sichtfeld des Trägers nützliche Informationen anzeigen – beispielsweise Smartphone-Benachrichtigungen oder auch Navigationshinweise. Die Vernetzung mit mobilen Endgeräten ist via Bluetooth möglich – ähnlich wie bei einer Smartwatch. Als Hardware-Basis dient ein Low-Power-Laser (VCSEL), der über einen holografischen Reflektor Bilder mit 400 x 150 Bildpunkten direkt ins Auge projiziert. Das passiert im rechten Glas. Trotz Lasertechnik soll aber keinerlei Gefahr für die Augen bestehen.

Die gesamte Technik hinter Vaunt ist selbst entwickelt. Klar ist, dass natürlich ein Prozessor von Intel als Basis dient. Jedes Exemplar der Brille muss dabei für den individuellen Träger angepasst werden, damit der Content passend zum Pupillenabstand auch wirklich lesbar ist. Die Brille lässt sich dann entsprechend für die korrekte Anzeige programmieren. Spannend: Schaut der Träger nicht aktiv an den Rand der Brille, erscheinen dort auch keine Inhalte. Pragmatische Idee, denn so sieht man nur etwas, wenn man auch wirklich das Bedürfnis danach hat.

Zur Software hinter Vaunt plaudert Intel aktuell wiederum nur spärlich. Betont hat der Hersteller, dass zum Betrieb ein Smartphone mit entsprechender App die Voraussetzung ist. Auch Vernetzungen mit Sprachassistenten und somit auch ein Mikrofon hat Intel auf lange Sicht im Blick. Ziel ist es außerdem, dass Intel Vaunt nicht nur simple Benachrichtigungen anzeigt, sondern auch je nach Kontext die passenden Inhalte kredenzt. Als Beispiel nannte Intel, dass man etwa über die Brille beim Kochen Amazon Alexa nach Rezepten befragt und jene direkt angezeigt bekommt.

Noch recht diffus bleibt, wie man Vaunt sonst im Alltag bedienen soll. Denn Buttons oder ähnliches fehlen. Und zumindest die Prototypen bieten ja noch kein Mikrofon. Eventuell könnten es anfangs Kopfbewegungen sein, welche über ein Accelerometer verarbeitet werden. Intel scheint hier wichtig zu sein, dass man nicht ständig mit der Hand an der Brille herumfummeln muss. Intel betrachtet Vaunt dabei von Anfang an als Ergänzung, nicht aber als Ersatz für Smartphones. Die Brille könne immer dann auf den Plan treten, wenn der Träger beide Hände voll zu tun habe – etwa am Flughafen mit Gepäck. Das sei ein Szenario, in welchem die smarte Brille z. B. Fluginformationen anzeigen könnte.

Intel will Vaunt aber am Ende nicht selbst auf den Markt bringen. Der Hersteller möchte quasi die Grundlagen für eine Plattform anbieten und hofft, dass am Ende Partner in die Bresche springen. Das könnte jedoch ein Stolperstein sein. Denn es wäre nicht das erste Mal, dass Intel ein spannendes Konzept präsentiert, das Partnern am Ende dann doch zu risikoreich erscheint. Im Falle von Vaunt hofft Intel vor allem Hersteller von Brillen zu begeistern – weniger die klassischen Tech-Player.

Ob Intels Plan aufgehen wird? Sollte Vaunt benutzerfreundlich sein, hätte ich als Brillenträger durchaus Interesse das Endprodukt mal anzutesten. Die Idee zusätzliche Funktionalität anzubieten, ohne dabei dem Tragekomfort zu schaden, klingt einleuchtend. Und ein Augmented-Reality-Produkt, das sich derart unauffällig in den Alltag integriert, wäre zum richtigen Preis wirklich mal etwas Neues.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden. PayPal-Kaffeespende an den Autor.

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2 Kommentare

  1. Mit ’nem Laser direkt ins Auge, wieso kommt mir da sofort das Wort „Einbrenneffekte“ in den Sinn…? 😉

  2. „Die meisten Wearables haben eins gemeinsam: Sie sehen furchtbar aus.“
    Genau das ist der Punkt. Die Zukunft wird sein, die Technologie in Alltagsgegenstände/normale Nutzungsgegenstände so zu integrieren, dass das ‚äußere Erscheinungsbild‘ beibehalten wird. Der Ansatz von Intel ist spannend. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Nova Products, die das Headset und den Sprachassistenten in Ohrschmuck verschwinden lassen (www.nova-products.com).

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