Gunther von Hagens Körperwelten

Heute hatte ich die Möglichkeit, die aktuelle Ausstellung „Körperwelten – eine Herzenssache“ in der Nachbarstadt Bremen zu besuchen. Die Körperwelten und auch die kontroversen Diskussionen sind mir seit Jahren (irgendwann seit Mitte / Ende der 90er) bekannt. Doch ich gehöre zu den Menschen, die unvoreingenommen, fast kindlich naiv alles in sich aufsaugen oder Dinge ausprobieren / auf sich wirken lassen. Open minded. Ich war auch nie jemand, der gegen diese Kunst- / Informationsform war. Ganz im Gegenteil. In früheren Jahrhunderten hätte ich mein Geld wahrscheinlich auch in Panoptiken gelassen.

Leute die schwache Nerven haben, oder die Darstellung der plastinierten Körper abstoßend oder verwerflich finden, sollten am besten nicht auf Spoiler klicken. Ich habe alle Plastinate nicht automatisch eingebunden. Erst auf euren ausdrücklichen Wunsch werden diese angezeigt. Dies habe ich mit dem Easy Spoiler Plugin für WordPress realisiert.

Die Ausstellung beginnt monoton. Ein deutlich spürbarer Herzschlag dröhnt aus den Boxen. Die Frage, ob es sich dabei um Gaukelei, Entertainment oder sonstiges handelt, wurde zumindest für mich gleich zu Beginn geklärt. Ganz offensichtlich wurde herausgestellt, dass die Ausstellung zwar plastinierte Menschen zeige, doch ohne auf ihr Leben und Wirken einzugehen.

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Wer Effekthascherei für sein Geld erwartet, der wird enttäuscht sein. Wissbegierige und Interessierte im Bereich der menschlichen Anatomie werden allerdings auf ihre Kosten kommen. Gerade Menschen wie ich, die in der Schule oftmals andere Interessen als den eigentlichen Lernstoff hatten, werden noch einmal einen Auffrischungskurs in Bezug auf den menschlichen Körper bekommen.

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Ich persönlich empfand die sich mir dargestellte Szenerie wesentlich harmloser als alles, was man so täglich im TV oder Netz so sieht. Neben den Ganzkörper-Plastinaten von Menschen konnte man auch einige Tiere begutachen. Jeder Teil der menschlichen Anatomie wurde gut beleuchtet und gut verständlich dargestellt. Sicherlich: ich kann mir eine Raucherlunge auf Fotos oder Videos anschauen, doch wenn so ein schwarzer Klumpen „real“ vor dir liegt, dann ist das doch schon etwas anderes.

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Ein wenig enttäuschend fand ich den Umfang der Ausstellung, ich war relativ schnell durch, allzu viele Exponate gab es nicht, dies ist sicherlich der zeitgleichen Ausführung einiger Ausstellungen zu danken. Ganzkörper findet man vielleicht ein Dutzend, relativ wenig, bedenkt man, dass Gunter von Hagen in einem Interview mal erwähnte, dass er bereits einige Hundert Menschen plastinierte.

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Die Thematik ist sicherlich für einige schwierig. Kann ich mir vorstellen. Ich persönlich sehe es so: wo wären wir heute, wenn Menschen in früherer Zeit nicht irgendwelche Tabus gebrochen hätten? Was ist schlimmer? Das Zeigen von Körpern mit dem Anspruch Wissens zu vermitteln oder das zur Schau stellen von Menschen im täglichen Abend-TV?

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Begleitet wurde die Ausstellung nicht nur von Plastinaten sondern auch von Denkanstößen. Zu jedem Exponat gab es Erklärungen, bei größeren Szenerien zusätzlichen Input in Form von Zitaten oder Wissenswertem über die Verknüpfung von Geist und Seele.

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Interessierten empfehle ich auf jeden Fall mal den Besuch der Körperwelten. Immer informativ, nie eklig oder auf Effekthascherei bedacht. Man möchte den Besuchern Wissen über den menschlichen Körper und Information über ungesunde Ernährung / Lebensweise beibringen. Und eben jenes gelingt wirklich gut. Zumindest bei mir (ich bin übrigens auch im Besitz des Buches über Gunther von Hagens und einiger anderer Infos zu Körperwelten, habe mich also auch noch so schlau machen können).

Jetzt könnt ihr konstruktive Meinung hinterlassen.  Abstoßend? Faszinierend? Verwerflich? Interessant? Richtungsweisend?

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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69 Kommentare

  1. Tja, ich wollte dort auch immer mal hin. Meine Frau aber leider nicht. Dann war die Show vor einigen Jahren mal in Hamburg und wir zufällig auch. Immerhin hat ich sie dort schon so weit das sie auch reingehen wollte. Die Schlange war aber so lang, das meine Frau sich beim warten leider wieder umentschieden hat 🙁 Schade. Allerdings kenne ich solche sachen ohnehin aus der Pathologie da ich dort einige Monate gearbeitet habe. Wobei die Leichen – oder Teile – dort natürlich nicht so – zuschauerfreundlich zurechtgestaltet – aussahen 😉 – vom geruch mal ganz angesehen. Aber es war eine echt interessante Zeit.

  2. Pathologie. Mh. Hut ab Willi. Ich hab zwar schon 2x einen toten Menschen gesehen – aber eben „normal“. Weiss nicht wie ich das verarbeiten würde. Deswegen haben Rettungskräfte & Co auch immer meinen Respekt…

  3. Ich war bereits in Frankfurt in der Ausstellung (mit 13 oder 14).

    Damals fand ich es noch langweilig, in meiner kindlichen Naivität habe ich die Exponate vergaukelt.
    Heute finde ich es gänzlich uninteressant. Bei der Ausstellung steht das künstlerische eher im Vordergrund, wobei eigentlich der biologische Aspekt zur Geltung kommen sollte. Sind beides nicht meine Fachgebiete, also ist der Laden nix für mich.

  4. JürgenHugo says:

    Tja, der letzte tote Mensch, den ich gesehen habe, war mein Vater vor 4 Jahren. Er lag im Krankenhaus (im Ausland, weil er da in Privatpflege war) in einem relativ großen Raum mit einem Laken aufgebahrt.

    Ich mag den von Hagen nicht, und ich würde seine Ausstellung nicht besuchen. Selbst wenn das hier zu Fuß erreichbar und umsonst wäre.

  5. Schön zusehen, dass die Ausstellung immer neu aufgebaut wird. Im letzten Sommer in berlin gab es andere Figuren zu betrachten.

  6. Auch bei mir funktioniert die Spoiler-Funktion im Reader nicht. *Scary* 😉

  7. Ich habe die Ausstellung Ende der 90er irgendwann besucht. Ich fand es interessant aus dem Grund, weil man mal Sachen zu sehen bekam, die ein jeder so unter der Haut verborgen mit sich trägt.

  8. Ich hatte vor vielen Jahren die Möglichkeit mir die Ausstellung in Hamburg mit meiner Freundin ansehen zu dürfen.
    Wir standen irgend wann vor einem Exponat und überlegten, was das für ein Organ sein könnte. in diesem Moment kam Herr Gunther von Hagen vorbei und erklärte uns, dass dieses Organ die Milz ist. Ich vergesse bis heute, seinen breiten dunklen Hut aber noch viel mehr seine kurze ausführliche Führung, die wir bekamen nicht. Diese Führung brachte uns mehr als 13 Jahre Schule vorweg.

  9. Ich finde das faszinierend und wenn es mal in meiner Nähe stattfindet werde ich auf alle Fälle hinfahren. Die Kartenspieler find ich klasse 🙂

  10. Ich finde, man sollte sich vor so etwas nicht verschliessen. Eine schönere Möglichkeit, den menschlichen Körper in seiner gesamten Detailgetreue zu begutachten, wird es wohl kaum geben. Das interessanteste ist meiner Meinung nach die Ansicht der herausgelösten Ebenen (Muskeln, Adern, Haut). Man muss sich halt gedanklich frei machen, dann kann das ganze auch mit anderen Augen betrachtet werden.

  11. also Verstorbene anzuschauen ist nichts für Mutters Tochter, Plastinate sind in meinen Augen etwas für Mediziner und mit dieser Show wird bei meinem Verständnis eine Grenze überschritten die ich mir gesetzt habe. Die Bilder sind für mich allein schon abstoßend, da hier die Show im Vordergrund steht und nicht der Mensch. Sorry für mich ist das Ganze nur Geschäftemacherei unter dem Mantel das er Tabus brechen will und einen Einblick in die Medizin.

  12. Also für Mediziner und Artverwandte wie Biologen ist die Ausstellung wohl eher weniger etwas. Eigentlich ist sie genau für die Menschen, die nichts damit zu tun haben, um etwas zu lernen. Und das halt anschaulich. Sei es in Bezug auf Köperschmerzen (und was für Organe da stecken). Die Wissenschaft ist in der Pflicht dem Laien zu erklären, was sie machen, denn Forschung ist kein Selbstzweck. Der Laie sollte aber auch etwas davon annehmen. 😉

  13. DerLangenberger says:

    Hallo Caschy,

    danke für den Blog-Eintrag und die angestoßene Diskussion.
    Ich selbst war vor _sehr_ langer Zeit mal irgendwo im Ruhrgebiet in der Ausstellung (wo genau weiß ich leider nicht mehr).
    Muß aber einigermaßen früh gewesen sein, ich weiß noch, daß die Medien sich zu dem Zeitpunkt noch ziemlich über die Ausstellung aufgeregt haben.
    Ich fand das ganze sehr interessant, nicht ekelig oder so. Muß aber wohl jeder mit sich selbst ausmachen.
    Leider durfte man damals keine Bilder machen. Daher meine Frage: Kannst Du bitte Deine Bilder in Originalgröße zum Download stellen? Flickr ist da leider nicht sehr entgegenkommend…

    Gruß,
    DerLangenberger

  14. @Der Langenberger:

    Klick mal bei Flickr auf ALL SIZES bei den Fotos 😉 sind in 3000px hochgeladen! 😉

  15. DerLangenberger says:

    @Caschy:

    Jo. Und jetzt darf ich jedes einzelne öffnen, auf „Volle Größe“ klicken, „Speichern unter…“. Und das 68 Mal.
    _Das_ meinte ich mit „nicht sehr entgegenkommend“ 🙁
    Oder kennst Du eine Möglichkeit, die automatisiert vom Server zu zerren?
    Ist vielleicht mal ein Thema für’n Blogeintrag… (Wink mit dem ganzen Jägerzaun :))

    Ansonsten: Danke für Dein _sehr_ informatives Blog.
    Bin stiller Stammleser.

    Gruß,
    DerLangenberger

  16. Ich weiss nicht. Ich find’s ja irgendwo schon interessant aber mir ist einfach nicht klar, worin der Sinn liegt, Tote pokern zu lassen oder denen ne E-Gitarre in die Hand zu drücken.

    Bin bestimmt nicht zart besaitet aber das ist eigentlich der Hauptgrund, warum Gunther von mir nicht einen Cent sehen wird.

  17. @Marcel:
    Meines Wissens nach sind die Plastinate so erstellt, daß die jeweilige Position realistisch umgesetzt wurde. Also sind z.B. die Muskeln bei einer sitzenden Position anders als bei der stehenden. Man sieht, wie die Organe und Gewebe in der jeweiligen Funktion wirklich beansprucht werden. Zumindest hatte ich das dazu mal gehört.

  18. Ich habe die Körperwelten-Ausstellung 2001 in Berlin gesehen und war begeistert. Ich kann aber auch diejenigen Verstehen, die ein Problem damit haben.

  19. Ich habe auch schon von einigen Leuten gehört, dass das Ganze hätte größer ausfallen können, weil man – gemessen am Preis – recht schnell durch die Ausstellung durch ist. Daher bin ich selbst noch am Überlegen, mir das mal anzuschauen.

    Meine persönliche Meinung zum Thema allgemein: Es gibt ja Leute, die sowas eklig, abstoßend oder widerlich finden und es am liebsten verbieten lassen möchten. Die sollten sich mal überlegen, was im Falle eines Unfalls ist…

    Dann sind sie froh, dass es Menschen gibt, die sowas nicht eklig finden und an echten Körpern die menschliche Anatomie gelernt haben. Jetzt können sie deren Körper zusammenflicken und ihr Leben retten.

    Wenn man sowas nicht mag, soll man’s einfach nicht anschauen – aber Leute in Ruhe lassen, die sowas gern sehen möchten.

  20. @caschy
    Also die Pathologie mag nicht jedermanns sache sein, aber du kannst die dortigen Leichen eben nicht mit übel zugerichteten Unfallleichen vergleichen. Darüberhinaus war ich auch nur einmal kurz bei einer Sektion einer „erwachsenen“ Leiche dabei. Ich war „nur“ bei allen bis 40 cm (Totgeburten) dabei. Und die wurde bevor sie aufgeschnitten wurden in Formaldehyd eingelegt.Das sieht dann so aus, als ob du eine Barbypuppe aufschneidest. Du blendest einfach aus, das es sich um eine Menschen andelt. Aber es war ein ungeheure interessante Zeit dort.

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