Glosse am Sonntag: Das Dilemma mit Android

Vorab sei gesagt: ich bin großer Android-Fan, ich selber habe noch nie ein iPhone besessen. Ich habe ein iPhone maximal 5 Minuten in der Hand gehalten. Vor Android gab es bei mir normale Handys, bevorzugt Nokia und Sony-Ericsson. Mobil ging es mit dem Netbook ins Netz. Nun hat sich in der letzten Zeit allerdings viel geändert. Der mobile Traffic ist explodiert. Jeder ist immer und überall online.

Problem Betriebssystem

Mittlerweile gibt es Tausende von Handys, die auf Android-Basis laufen. Telekom, o2, Vodafone & Co drücken diesen Geräten aber leider oftmals den eigenen Stempel auf. Branding nennt man dies. Oftmals werden unter dem Deckmantel der Qualitätsprüfung nützliche Dinge aus der Ur-Version von Android entfernt oder angepasst. Des Weiteren versucht der Anbieter natürlich dem Gerät seinen Stempel aufzudrücken und den Kunden an sich zu binden. Der Branding-Anbieter ist natürlich in der Bredouille: er muss checken ob er seinen Kunden ein Update überhaupt anbieten kann. Alles mit Kosten verbunden.

Hier sehe ich die Gefahr. Mittlerweile langweilt es mich in den Blogs immer folgendes zu lesen: Update für Hersteller XYZ auf Android Version 2.x. Kennt ihr das? Nervig. So hat zum Beispiel der Kollege mit einem baugleichen HTC Desire (dieses Beispiel bringe ich an weil ich es besitze) seine Android 2.2 Version später als ich. Warum? Weil er vielleicht bei der Telekom ist und ich bei o2. Wahrhaft schrottig meiner Meinung nach.

Ich zitiere mal (gekürzt) meinen Kollegen Frank von m4gic (den ganzen Artikel geht ihr einfach bei ihm lesen):

Die Ursache für dieses Chaos ist die Distribution von Google Android zum jeweiligen Smartphone. Ähnlich wie Windows (natürlich im Bereich PC) muss Google Android auf höchst unterschiedlichen Smartphones verschiedener Hersteller funktionieren und dafür eigens von diesen angepasst werden.

Daraus ergibt sich, dass zunächst Google ein Update, momentan auf Google Android 2.2 Froyo, freigeben muss. Im zweiten Schritt muss sich dann ein Hersteller wie HTC oder Motorola überlegen, ob es überhaupt noch ein Update für das jeweilige Smartphone (Hero oder Milestone) geben soll und Google Android dann entsprechend anpassen. In einem dritten Schritt muss dann zum Teil das Update noch vom jeweiligen Provider freigegeben werden, der zuvor in der Regel aber auch noch einiges verändern will/muss.

Jetzt werden sicherlich Argumente kommen wie: „Besorge dir das Android 2.2 ROM und aktualisiere dein Gerät selber“. Klasse Totschlag-Argumentation. Rechnet einmal die Benutzerzahl von Leuten, die Bock darauf haben bzw. das Wissen besitzen, gegen die, die normale Anwender sind. Und auch der normale Anwender möchte vielleicht ein aktuelles System.

Problem Apps

Es ist ein Horror. Oftmals habe ich das Gefühl dass die Hersteller schnell, schnell ihre Geräte verkaufen wollen – diese im Nachhinein aber nicht mit Updates pflegen sollen. So habe ich vielleicht nach einem knappen Jahr ein technisch zwar halbwegs aktuelles Gerät – aber keine Möglichkeit das aktuelle Betriebssystem zu nutzen. Und eben ohne jenes aktuelle Betriebssystem kann ich unter Umständen auch nicht neue und interessante Apps nutzen.

Der Google Android Market ist ein furchtbar unübersichtliches Konstrukt. Ich zahle gerne für gute Apps (mache ich beim iPad ja auch) – aber im Android Market fällt es mir immer schwer, Perlen zu finden. Warum gibt es die besseren Apps eigentlich nur für das iPhone? Weil die Entwickler wissen, dass iPhone-Besitzer mehr Kohle haben, zu doof zum jailbreaken sind und somit einfache Beute? Oder weil man vielleicht weiss, dass man eine einheitliche Plattform (das iPhone) hat welches eben nicht in 1000 Versionen daher kommt?

Des Weiteren haben Provider und Hersteller schon lange andere Pläne in der Schublade: eigene App-Stores. Warum dürfte klar sein: Kontrolle, Kundenbindung und natürlich: Geld. Apps machen ein Gerät erst schön. Was nützt mir das tollste Gerät, wenn ich nichts zum Benutzen habe? Und hier komme ich zum nächsten Punkt.

Thema Tablets

Auch hier wird es nicht anders sein. Tausend Geräte. 1000 Anbieter. 1000 Android Versionen. Ihr dürft mir glauben: währen China-Tablets soooo geil, dann würde ich eines besitzen. Stattdessen werden kuriose Geräte ohne Market-Anbindung angeboten die teilweise noch auf Android 1.6 laufen – natürlich ohne Möglichkeit auf das begehrte Android 2.2 zu kommen.

Ja, der gesamte Beitrag ist Meckerei. Ähnliches könnte ich wahrscheinlich über Microsoft oder Apple schreiben. Aber dort habe ich wenigstens die Möglichkeit, neue System zu kaufen. Die Nutzzeit von Hardware ist bei normalen Kisten logischerweise anders zu bewerten – oftmals kann ich aufrüsten, was bei Handys oder Tablets logischerweise aber schlecht geht.

Weihnachten wird uns eine Welle von Tablets überfluten. China Tablets werden dann nicht mehr so das Thema sein, dicke Fische wie Samsung, LG & Co werden versuchen unsere Aufmerksamkeit zu erhaschen. Doch auch deren Preise sind im Bereich eines Net- / Notebooks zu suchen. Wer der Meinung ist, von einem großen Hersteller ein 7″ – 10″-Gerät für unter 200 Euro erhalten zu können wird sicherlich enttäuscht.

Auch diese Geräte werden in höheren Preisklassen zu finden sein. 399,-, 499,- sicherlich. Es sei denn, sie sind subventioniert. Dann gibt es Tablets mit Mobilfunkvertrag. Schon einmal Preise von aktuellen Android-Handys angeschaut? Die interessanten gehen auch erst ab 300 Euro los – nach oben bis locker 500 Euro.


(Bildquelle: TechCrunch. Fanboyism: When Expression meets Desperation)

Die Lösung

Nein, eine Lösung habe ich leider nicht. Ich bin kein Marktstratege, Entwickler oder sonst etwas – noch kenne ich die Beweggründe von Google oder den Herstellern. Ich bin ein einfacher Anwender – wie die meisten hier. Ich gebe gerne gutes Geld für gute Hardware und Apps aus – möchte aber logischerweise lange Freude an den Geräten habe. Zeit ist Geld und sowohl erstes und zweites habe ich nicht. Ich möchte nicht stundenlang lesen und inoffizielle Wege gehen müssen.

Wünsche

Wer keine Lösung kennt der wird schwer Wünsche äußern können.

Wünsche an Provider: gängelt eure Kunden bitte nicht. Bei guten Angeboten und fairen Tarifen werden wir euch sicherlich treu bleiben. Wir erhalten im Gegenzug zeitnah aktuelle Betriebssysteme und haben keinerlei Schwierigkeiten euch weiterhin ruhigen Gewissens zu empfehlen.

Wünsche an die Hersteller: Seid offen. Zwingt uns nicht, eure eigenen Basteleien nutzen zu müssen. Denkt an Bestandskunden. Versucht bitte, auch ältere Geräte zu supporten und weiter zu entwickeln. Nehmt euch die Berliner von AVM als Beispiel. Die Router (bzw. die Firmware) wird oft weiter entwickelt – die Jungs tun was.

Wünsche an Google: Macht aus dem Android Market ein Erlebnis. Die Trennung Tablet / Smartphone App wird logischerweise eh kommen müssen. Smartphone-Displays sind ja ein wenig anders als Tablets, die HD-Inhalt darstellen können. Obwohl Apple sehr restriktiv ist, halte ich deren AppStore für den momentan besten am Markt.

Ist dieser Beitrag eine wissenschaftliche Abhandlung? Nein, 100% Meinung ohne großes Hintergrundwissen in marktwirtschaftliche Prozessen usw.) nach wenigen Kaffee – von jemanden, der viel Geld für technisches Spielzeug (gerne) ausgibt. Ich habe mir keine Stichpunkte gemacht sondern einfach drauf los geschrieben. Ich könnte sagen: mir doch egal, ich kaufe mir eh alle 6 Monate ein neues Handy und bin so auf aktuellem Stand – aber die Masse handelt sicherlich anders.

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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57 Kommentare

  1. @janbpunkt

    Ohne da genauer nachzuforschen würde ich sagen, daß die Produktzyklen bei Telefonen länger sind.

    Davon abgesehen: ein OS hat ja den Vorteil, daß man für jede Plattform nur die Treiber anpassen muß und den Rest einfach läßt, wie es ist.

    Da sich bei einem Telefon die Hardware nicht ändert, sollten die Treiber doch die gleichen bleiben könnnen, sprich die notwendigen Anpassungen minimal, sofern überhaupt.

  2. Dirk Schulze says:

    Wenn ich mir ein Androiden(Samsung Galaxy S) kaufe ohne einen Provider wie die Telekom, Vodafone, E-Plus oder O2, woher bekomme ich dann ein Update? Ab Werk ist das Galaxy S mit der 2.1 ausgestattet.

  3. coriandreas says:

    Jaja, ein Handy bleibt halt nun mal ein Handy 😉 Hatte auch schon gehofft, dass Smartphones etwas besseres werden als nur Handys – also wieder locker 5 Jahre warten, bis die Dinger so leistungsfähig sind, bis Windows 9 darauf läuft 😉 Da es jetzt ja klar ist, dass man – ob bei o2 My Handy (super Idee!) oder mit Vertrag dazu (ist bei mir Geschichte) nur so ne kastrierte Version bekommt, die schnell veraltet, werde ich bis Windows 9 auf der Billig-Welle reiten. Das nächste Experiment ist dann das gerade vergünstigte Vodafone 845 auf jetzt knapp 100 Tacken. Was will man mehr, 6 Monate später gibts die doppelte Leistung zum selben Preis, und muss sich nicht mit dem alten Gerümpel rumschlagen, was zu dem und was anderes nicht kompatibel oder zu leistungsschwach ist. Und da soll einer sagen, man soll umweltfreundlich sein. Tja, die Industrie lässt einem ja keine andere Wahl…

  4. Das ist wohl das Dilemma „Offenheit gegen Ordnung“, sowie hier bei Android gegen iOS oder (etwas weiter gegriffen) PC gegen PS3. Letztere hat auch ein geschlosses System, aber versorgt den Nutzer zuverlässig mit Updates, Content & Co, ganz im Gegensatz zum PC, wo das ganze aus vielen Quellen kommt und uneinheitlich ist.

    Ich habe derzeit ein Symbian Handy. Dagegen ist Android wirklich Apple. „Offenheit“ pur, aber das einzige, was man im entferntesten Sinne als AppStore bezeichnen könnte, ist der Ovi Store von Nokia und der hat ja nichtmal eine Update Überwachung.

    In diesem Sinne: Lasst uns darauf hoffen, dass wir irgendwann tatsächlich beides haben können.

  5. @Dirk
    Die Updates kannst Du auch manuell über den PC installieren… wenn Du Windows nutzt jedenfalls. Die Samsung-Software dafür heißt „Kies“.

    Ich will mit einem Auto von A nach B fahren und nicht Radio hören. Trotzdem ist ein Radio eingebaut…

    Man sollte die Dinger wirklich nicht mehr „Telefon“ nennen, das ist einfach viel zu eng. Und wenn man sich die Billigsmartphones kauft (so wie das Vodafone 845), dann wird man aufgrund der mangelhaften Leistung und Qualität enttäuscht und schiebt das (zu unrecht) auf die Gattung der telefoniefähigen Taschencomputer. Dann lieber gleich ehrlicher ein echtes Einfachhandy für 30 Euro. „Nur zum telefonieren“ taugt das auch.

  6. coriandreas says:

    @Jens
    Klar, so ein Einfach-Handy hab ich natürlich auch, wenn nicht mehrere davon, hehe! Dual-SIM ist ja richtig teuer, und bei so vielen Discounter-Tarifen… Nur wenn ich meine Tweets und Facebook und Emails verfolgen will, dann ist das Teil schon ne feine Sache. Auf jeden Fall besser als so n Cookie von LG oder so n Corby von Samsung, die übrigens genauso teuer sind, kann ich da ja nur die eingebauten Tools nutzen. Da ist beim VF 845 mehr Spielraum drin – und spielen will ich mit dem nicht! Da sollte ich mir besser eine PSP zulegen, das ist mir schon klar! Gute Nacht…

  7. wieder so ein artikel. und wieder fehlt dass google sich bereits negativ über diese brandings geäussert hat und notfalls die jeweilig neuen api´s per market auf die devices bringt.

  8. Ich wundere mich immer wieder, dass hinsichtlich der Phones nur technische oder elektronische Details kritisiert werden.

    Das Thema Sicherheit kommt nur sehr selten zur Sprache.

    Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn es ausgerechnet bei Android uswusf keine Schwachstellen gäbe, die nicht, von wem auch immer, ausgenutzt werden. — Die Unübersichtlichkeit der Systeme und des Marktes lädt doch dazu geradezu ein.

  9. @corlandreas
    Wenn man sich der Restriktionen bewusst ist, kann ein solches Einfachandroidhandy durchaus nützlich sein. Allerdings sollte an vermeiden, aus Eigenschaften dieser Gerätequalität dann Rückschlüsse auf die gesamte Geräteklasse zu ziehen. Platter Vergleich: Wenn ich mir einen Smart kaufe, sollte ich nicht deswegen die gesamte Geräteklasse der Autos als untauglich für einen Familienurlaub qualifizieren.

    @Hannes
    Das ist schon passiert. Es gab Apps, die persönliche Daten insgeheim an Server in China übermittelt haben. Es gab Viren und es gibt das echte Problem hinterhältiger Werbung. Sprich: Banner, bei deren bloßer Berührung schon ein SMS-Abo bestellt wird. Google hat auch schon Apps deswegen „remote“ gelöscht.

  10. Google hat 50x weniger Geld für die Entwicklung des Markts ausgegeben, als Apple. Das Ergebnis sehen wir jetzt.

  11. ein freund von mir hat sich und seine familie mit desires eingedeckt, alle 3 vom gleichen händler und frei, ohne jegliches branding oder sonstigen kram.
    trotzdem kommen die updates nach und nach rein, htc gibt das update nicht für alle desires alle gleichzeitig frei, sondern nach seriennummern gestaffelt
    dadurch kann htc die last auf den servern halbwegs konstant halten und es kommt nicht so oft zu serverfehler wie bei anderen geräten/herstellern

  12. Ich finde ihr müsst alle viel ruhiger werden. Ach und schreien hilft….

  13. eine lösung gäbe es sicherlich und microsoft hat vorgemacht, wie es geht: direct x

    google müsste einfach nur eine entsprechende hardwareschnittstelle für handyhardware ins leben rufen und fordern, dass alle handyhardware zu dieser kompatibel ist. gesetzt den fall, dass diese schnittstelle vernünftig konzipiert ist, hiesse das dass androidversionen nicht mehr vom hersteller an die hardware angepasst werden müssen. dieser müsste „nur noch“ seine treiber etc an die schnittstelle anpassen. neue androidversionen könnte dann jeder – sobald von google freigegeben – selber aufspielen.

    die nötige marktmacht, das durchzusetzen hat google inzwischen.

    das problem wird nur sein, dass sowas herstellern und providern nicht schmecken wird, da ein branding der geräte damit schwer möglich sein wird.

    tja

  14. Hi Caschy,

    wie Du weißt sprichst Du mir aus der Seele …

    Ich frage mich ernsthaft, wann all die Verantwortlichen erkennen, dass sie hier mittlerweile mehr Geschäft verhindern als erzeugen …

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