EU: Offensive gegen Kindesmissbrauch

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EU-Innenkommissarin Ylva Johansson möchte dafür sorgen, dass Plattformen im Internet, bzw. die Unternehmen dahinter, schneller zur Verantwortung gezogen werden können, wenn es um Inhalte geht, die Kindesmissbrauch darstellen. Der Schutz von Kindern im Netz solle künftig „deutlich verbessert werden„, so Johansson gegenüber der Welt am Sonntag.

Johansson: „Ich werde in den kommenden Monaten eine Gesetzgebung vorschlagen, die Unternehmen verpflichtet, den sexuellen Missbrauch von Kindern zu erkennen, zu melden und zu entfernen. Eine freiwillige Meldung wird dann nicht mehr ausreichen„.

Dies wird sicherlich vor allem die großen Unternehmen betreffen. Da fällt einem natürlich Meta ein, welches hinter Facebook steht. Das Unternehmen ist bisher für 95 Prozent aller Meldungen verantwortlich. Johansson sagte, dass Unternehmen im Jahr 2020 22 Millionen Meldungen von sexuellem Kindesmissbrauch gemeldet hätten. Das sei aber nur ein Bruchteil der tatsächlichen Straftaten. Wir haben euch hier einmal die Zahlen des Bundeskriminalamt verlinkt.

Laut Europol ist im ersten Corona-Lockdown in Europa der Konsum von Missbrauchsabbildungen um rund 30 % gestiegen. Europol und die britische Internet Watch Foundation (IWF) weisen darauf hin, dass auch das Livestreaming von sexualisierter Gewalt via Webcam aus den häuslichen Kinderzimmern immer mehr nachgefragt wird. Die IWF berichtet für 2020, dass 33 % der kinderpornografischen Websites Vergewaltigungen oder sexualisierte Folter von Kindern zeigen. 55 % der abgebildeten Kinder sind unter 10 Jahre alt und 2 % sind jünger als 2 Jahre alt. Das NCMEC (National Center for Missing & Exploited Children) in den USA registrierte laut EU-Kommission im April 2020 einen Anstieg von mehr als 400 % bei verdächtigen Fällen: Waren es im April 2019 noch rund 1 Mio berichteter Fälle, so lag die Zahl im April 2020 schon bei über 4 Mio Fälle. Durch Lockdown, Homeschooling und weniger Freizeitaktivitäten seien die Kinder den Gefahren im Internet vermehrt ausgesetzt. Gleichzeitig seien auch mehr Täter durch den Lockdown im Netz aktiv.

Datenschutz und Verschlüsselung seien zwar wichtig. „Aber der Fokus muss in erster Linie auf dem Schutz der Kinder liegen. Es geht darum, ihr Recht auf physische Unversehrtheit, auf Sicherheit im Internet und auf ihre Privatsphäre zu schützen“, so Ylva Johansson.

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26 Kommentare

  1. Insbesondere den letzten Absatz finde ich richtig und wichtig. Aber wenn erstmal jemand die Karte „Datenschutz“ ausspielt (was sicherlich nicht lange dauern wird), ist das Thema vermutlich auch schnell wieder vom Tisch und der Schutz der Kinder doch nicht mehr so wichtig.

    • Siehe auch Kommentare weiter unten: „Da wird wieder unter dem Deckmantel vom Schutz der Kinder wieder der Datenschutz ausgehebelt“. Und genau das ist es und nicht so viel anderes. Schutz ist super wichtig. Aber das interessiert die Regierungen der EU und anderswo nur bedingt, sonst hätten wir an anderen Stellen z. B. auch mehr Frauenhäuser und auch mehr Anlaufstellen für Männer. Verschlüsselung ist ein sehr hohes Gut für unsere Kommunikation und einen liberalen und sozialen Staat, der aber kein allumfassender „Nanny-Staat“ ist. Es wird leider immer eine Dunkelziffer geben und Kriminelle die sowas ausnutzen, aber wenn der Staat massenhaft überwacht ist der Schaden für unschuldige Menschen höher zu bewerten als die relativ gesehen wenigen Verbrechen.

      • Wenn die EU etwas gegen Missbrauch von Kindern unternehmen wollte, dann würden sie das tun. Dieses Gesetz will etwas gegen eine Folge des Missbrauchs, Kinderpornografie, unternehmen oder ist nur vorgeschoben um den Datenschutz auszuhebeln. Gegen den Missbrauch von Kindern bewirkt dieses Gesetz rein gar nichts.

        Genauso bei Flüchtlingen. Die Ursachen warum Flüchtlinge ihr Land verlassen (müssen) stehen nicht auf der Agenda, aber wie man Flüchtlinge möglichst effektiv abschiebt.

      • Die Verfolgung von Straftaten und der Schutz von Kindern sollte Priorität haben, insbesondere letzteres sollte einen sehr viel höheren Stellenwert haben als der Datenschutz. Aber gut, dass ist nur meine Meinung, die sicher nicht jeder teilt und natürlich auch nicht teilen muss.

        • Können oder wollen Sie es nicht verstehen?
          Sie lassen sich von einem Vorwand blenden, unter dem Grundrechte (hier: Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung) ausgehebelt werden sollen.

          Hier geht es aber weit weniger um den „Schutz von Kindern“, als um die Etablierung von Zensurmechanismen. Einmal etabliert kann man sie beliebig umwidmen – z.B. könnte die AfD nach der Machtergreifung jeden Widerstand „gegen Rechts“ verstummen lassen.

          Echter Kinderschutz wäre Verfolgung der Täter (Produzenten, Mittelsmänner, Anbieter, Kunden) – aber das kostet Geld und kann nicht nach Etablierung ‚zweitgenutzt‘ werden.

          • Dass das ein Vorwand ist, wird zwar vielfach immer wieder gepredigt, ist aber letztlich nur eine Annahme, die vielleicht naheliegend, aber eben auch nicht bewiesen ist.

          • Im Übrigen sehe ich auch, dass solche „Zensurmechanismen“, wenn man es denn unbedingt so nennen möchte, durchaus Potential für Zwecke bietet, die uns allen nicht genehm sind. Natürlich kann eine Partei, die entsprechend an der Macht ist, dass dann auch nach Belieben nutzen. Aber dann sind wir es doch gewesen, die diese Partei durch Wahlen an die Macht gebracht haben. Wenn wir also wollen, dass das nicht passiert, müssen wir eben dafür Sorgen, dass es nicht passiert.

            Und ja, natürlich wäre es noch besser, die Täter konsequenter zu verfolgen, das aber wird den Ermittlungsbehörden ja auch bei jeder Gelegenheit stetig schwerer gemacht, wie man hier und auch an den Diskussionen zum Thema Datenschutz sehr deutlich sehen kann.

        • Besonders durchsichtig und lächerlich wird das Ansinnen der EU (sowie der Protagonisten, Befürworter und Mitläufer), wenn man dann in der Praxis erlebt, dass es für tatsächlichen, /physischen/ sexuellen Missbrauch nur Bewährungsstrafen gibt.
          Da fehlt doch jede Verhältnismässigkeit! Und „Es geht um den Schutz der Kinder!!1!“ verkommt zur blossen Floskel.

          Ein paar Beispiele:
          – Sexueller Kindesmissbrauch in mehr als 100 Fällen: Täter bekommt Bewährungsstrafe
          https://www.stern.de/panorama/stern-crime/sexueller-kindesmissbrauch–taeter-bekommt-bewaehrungsstrafe-30771020.html

          – 18 Monate auf Bewährung wegen elffachen Kindesmissbrauchs
          https://www.derstandard.de/consent/tcf/story/2000062581173/salzburg-18-monate-auf-bewaehrung-wegen-elffachen-kindesmissbrauchs

          – Jahrelanger Missbrauch: Zwei Jahre auf Bewährung
          https://www.nordbayern.de/region/nuernberg/jahrelanger-missbrauch-zwei-jahre-auf-bewahrung-1.2970318

  2. 10 Prozent der betroffenen Kinder unter 2 Jahre alt?
    Da ist ja sicherlich die Dunkelziffer deutlich höher.
    Wie können Menschen nur solch abartige Vorlieben haben?
    Krankheit hin oder her.
    Solche Straftaten müssten meiner Meinung wesentlich härter bestraft werden…

    • Sohnkarlsruhe says:

      Vorsorge bringt wesentlich mehr. In vielen us Staaten gibt es die Todesstrafe und trotzdem begehen Menschen Verbrechen… soziale Dienste ausbauen und Anlaufstellen, an die sich diese kranken Menschen wenden können.

  3. Ob Terror oder Kindesmißbrauch, am Ende steht die Überwachung aller Nutzer jederzeit und ohne jeden Anlass.

    Was immer wir über China lesen und diesem nachgesagt wird, letztlich enden wir in genau der gleichen Situation – natürlich für einen „guten Zweck“.

    Und am Ende ist der eigentliche Zweck, Kindesmißbrauch zu verhindern, vergessen.

  4. Und da geht sie hin, unsere Demokratie…

  5. Grundsätzlich gut. Führt halt wieder zur altbekannten Filterproblematik, falschen Meldungen und so Sachen.

    Allgemein nervt es mich aber allgemein, dass YouTube, Facebook und Co sich immer auf Providerrechte beschränken. Wenn es nicht möglich ist, so etwas zu verbannen, darf es so etwas wie Facebook oder Instagram nicht geben. Und es wäre ja möglich, sie wollen nur kein Geld ausgeben, obwohl sie Milliarden verdienen.

    • Kinderpornografie ist laut den Google- und Facebook-AGB bereits heute verboten. Genau genommen war es das von Anfang an.

      • Na wenns verboten ist, kommt es auf den Plattformen ja sicher auch nicht vor und alles ist gut. Moment, ist das Ganze nicht eh verboten? Weltweit? Überall?

  6. Grumpy Niffler says:

    So wichtig und richtig das Anliegen auch ist, so ist das auch wieder ein kaum verhohlener Angriff auf Anonymität und Verschlüsselung im Internet.

    Das Problem das ist sehe: Sichere Verschlüsselung existiert und wird (ohne Quanten-Computing) nicht mehr aus der Welt zu schaffen sein. Effektiv kann man also nur den Zugang dazu erschweren oder die legale Nutzung einschränken.

    Kriminellen ist es aber weitgehend egal ob sie sich über Gesetze hinweg setzen, das tun sie ja ohnehin schon. Also trifft es v.a. „normale“ Nutzer deren Recht auf Anonymität und Verschlüsselung weiter eingeschränkt wird ohne dass das nennenswerte Auswirkung auf die Verbrechensbekämpfung haben dürfte.

  7. …einmal mehr werden Kinder missbraucht.
    Von der EU nicht sexuell, sondern als Werkzeug zur Einführung von Zensurmechanismen.

    Standardfrage zum Thema: „Wären Sie immer noch begeistert, wenn diese Werkzeuge Totalitären oder Faschisten in die Hände fielen?“.
    Die „Rosa Liste“ ist da ein warnendes Beispiel.

  8. Martin Meier says:

    Da wird wieder unter dem Deckmantel vom Schutz der Kinder wieder der Datenschutz ausgehebelt. Beim Upload-Filter wurde das schon vermutet, dass es nicht das Ende der Fahnenstange ist, hier geht es weiter… und man wird alles unter irgendwelchen guten Gründen rechtfertigen…. Gegen Appel haben alle noch gemeckert (zu Recht) und jetzt soll es verallgemeinert werden…

  9. > Verschlüsselung seien zwar wichtig. „Aber der Fokus muss in erster Linie auf dem Schutz der Kinder liegen

    Ohje haha

    • Datenschutz schützt auch Kinder, damit Unbefugte nicht auf diese Daten zugreifen. Man hat ja in der Vergangenheit ja oft genug gesehen wie Behörden Kriminelle gedeckt haben.

  10. Der Kampf gegen Kinderpornographie ist wichtig und nötig. Dennoch geben mir Realitätschecks wie dieser zu denken:

    https://www.youtube.com/watch?v=iItLpwkQMUQ

    Hier drängt sich mir der Gedanke auf, dass die Initiatoren dieser Gesetzesvorlagen entweder die Mechanismen nicht verstehen oder Totschlagargumente wie „Wir müssen Kinder schützen“ oder „Kampf gegen den Terrorismus“ für die eigene Agenda missbrauchen. Denn wie man im verlinkten Video sieht, kann man mit viel weniger Ressourcen bereits sehr viel erreichen. Man muss es aber auch wollen.

    • Dem kann ich mich nur anschließen, die Möglichkeiten gibt’s schon heute, aber die Polizei streitet sich über Zuständigkeiten. Sehr gute Doku, macht aber wütend…

  11. Wenn man in den Medien liest wie lächerlich die Strafen für Kinderschänder ausfallen, wäre es wichtiger erstmal da etwas zu verändern. Trotzdem finde ich es gut das man etwas verbessern will. Bei Apple war das eine völlig andere Nummer als es jetzt hier im Beitrag steht. Bei Apple war es ein Eingriff in die Privatsphäre, das sehe ich hier nicht. Jedes missbrauchte Kind ist eins zu viel!

  12. Wieso postet ihr es nicht, das es se*uslisierte Gewalt ist und nicht Kindesmissbrauch?

  13. Thomas Höllriegl says:

    Die EU sollte sich auch endlich mal die Kirche zur Brust nehmen.

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