Erlebnisbericht: Flugsimulator McDonnell Douglas MD-11

Ich denke mal, ich schreibe gerade das Review zum teuersten Stück Hardware, was hier im Blog jemals getestet wurde. Es ist zwar nun schon fast eine Woche her, aber mir zittern immer noch die Hände, wenn ich nur daran denke:

Ich habe im Lufthansa Flight Training Center Frankfurt einen Full-Motion-Simulator getestet. Der kostet 30 Millionen Euro (Lieferung kostet wahrscheinlich extra) und ich kann bereits vorweg sagen: Dieser Preis ist absolut gerechtfertigt!

Instrumente MD-11

Auf diesem Gerät lernen Verkehrspiloten und dieses Lernen geht so weit, dass sogar echter Rauch ins Cockpit geleitet werden kann, um Notfälle realistisch zu simulieren. Schließlich kann man schlecht mal eben Feuer in echten Flugzeugen legen.

 

Wie kam ich überhaupt dazu?

Auf Facebook hat Lufthansa Cargo zum Jubiläum „100 Jahre Luftfracht in Deutschland“ ein Gewinnspiel veranstaltet, dessen erster Preis eben jenes Simulator-Training war. Und wie es der Zufall wollte, habe ich abgeräumt. 🙂

Letzten Donnerstag war es dann also endlich soweit: Meine Schwester und ich fuhren zum Training Center und wurden erstmal auf einen Kaffee eingeladen. Ihr könnt Euch vorstellen, dass ich die Tasse kaum gerade halten konnte…

 

Dann ging es auch schon in die große Halle mit den Simulatoren: Von allen gängigen Typen stehen in Frankfurt zusammen etwa 30 Simulatoren herum, die alle 24/7 in Betrieb sind: Wenn ich ihn nicht gerade 2 Stunden belege, trainieren darin die Piloten der Lufthansa bzw. von Airlines, die Trainingszeiten gemietet haben.

Übrigens kann jeder ausgebildete Pilot, der seine Prüfung auf dem Simulator abgelegt hat ohne weitere Probleme sofort eine echte Maschine steuern, ohne sich groß umzustellen: Es ist zu 99% originalgetreu.

 

Hinein in die gute Stube

Leider waren Videoaufnahmen aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt, aber Fotos durfte ich machen. Hier sieht man den Simulator für den Airbus A310 bzw. A300 und im Hintergrund – glaube ich – den der A320-Serie:

Simulator A300/A310

Unser Simulator für die MD-11 stand links daneben. Über eine Art „Zugbrücke“ kommt man in einen Vorraum und das originalgetreue Cockpit:

Simulator Eingang

Wenn alle drin sind, wird die Tür geschlossen, die Zugbrücke fährt zurück und der komplette Simulator wird 4 Meter in die Höhe gewuchtet, um volle Bewegungsfreiheit zu haben. Schon ist man in die virtuelle Welt eingetaucht.

Durch die Cockpitscheiben erkennt man bereits die Startbahn und das Flughafen-Gelände. Wir bekamen noch eine kurze Einweisung durch den Flugkapitän (übrigens ein sehr cooler Typ) und dann saß ich auch schon auf dem Sitz des Co-Piloten.

 

Knöpfe, Schalter, Hebel, Regler…

Die Fluginstrumente wie den künstlichen Horizont, Navigations-, Multi-Funktions- sowie Technik-Displays habt Ihr schon im ersten Foto gesehen. Hier noch die Mittelkonsole mit Triebwerksteuerung, Schubreglern, Handbremse und Auftriebshilfen:

Cockpit Mittelkonsole Flight

Und dann noch die Konsole für die Steuerung von Funk- und Bordsystemen:

Cockpit Mittelkonsole Bordsysteme

 

Anders als erwartet

Dann ging es ans Eingemachte: Die Maschine stand in Frankfurt auf der Startbahn 25C und wollte geflogen werden. Also taten wir ihr den Gefallen. Womit ich nicht gerechnet hatte: Beim Schubgeben wurden wir – wie in der Realität – in die Sitze gepresst.

Ich habe keine Ahnung, wie das technisch funktioniert, aber es war einfach genial: Jede kleine Unebenheit der Startbahn wurde durch Rumpeln, Wackeln und Schaukeln dargestellt. Sogar die Armaturen vibrierten wie in der Realität.

Spätestens jetzt hatte ich vergessen, dass die Landschaft um mich herum nur eine Computer-Simulation ist. Ich saß gefühlt in einem echten Flugzeug.

 

Takeoff! Eighty! Rotate!

Bei 153 Knoten gab der Kapitän das Kommando „Rotate!“ und jetzt wurde es richtig ernst: Ich zog das Steuerhorn nach hinten und schon hob die Maschine mit ihrem Startgewicht von ca. 215 Tonnen ab.

Kurze Zeit später waren wir bereits auf 5.000 Fuß über dem Rhein-Main-Gebiet und flogen eine große Runde. Dann kam die Landung. Ich habe noch nie einen Simulator am Computer bedient, aber meine erste Landung war schon ganz gut:

Frankfurt Landung

 

Repeat, please!

Der Vorteil des Simulators ist, dass man pausieren und wiederholen kann. In der Realität geht das natürlich nicht. Der Kapitän setzte den Simulator zurück auf ca. 20 km vor der Landebahn und ich landete nochmal. Diesmal beinahe perfekt.

Nachdem ich rund eine Stunde lang geflogen war, durfte meine Schwester auch ran. Sie liebt Chicago und da ist noch ein Vorteil des Simulators: Nach 2 Minuten Ladezeit stand das Flugzeug auf der Startbahn 32R in Chicago. Und los ging’s:

Chicago Rundflug

 

Welcome to Windy City!

Start und eine große Runde um ihre Lieblingsstadt. Zwischendurch hat der Kapitän ein paar Turbulenzen eingebaut und wir probierten auch mal das Kollisions-Warnsystem mit einer Maschine auf Crashkurs aus.

Das mit dem Rauch haben wir aber sein lassen, sie war schon aufgeregt genug. 🙂

Chicago Landung

 

Schön war’s

Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei: Auch für sie waren noch zwei Landungen in Chicago drin, dann war leider schon die Zeit um. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich mich angekettet und wäre von der GSG 9 herausgeholt worden.

Das war definitiv ein geniales Erlebnis und jetzt beneide ich die Piloten nur noch mehr um ihren Beruf. Ich habe übrigens die Frage gestellt, die wahrscheinlich jeden von uns interessiert: Könnte ich ein Flugzeug landen, wenn die Crew ausfällt?

Die Antwort war logisch aber auch ernüchternd: Wenn ein normaler Passagier mit Hilfe des Towers eine vollbesetzte 747 landet, ist das Hollywood. In der Realität ist sowas unmöglich: Dafür muss man zu viel wissen und können.

Versuchen würde ich es jedenfalls, wenn der unwahrscheinliche Fall wirklich eintritt. Irgendwie muss ich es ja mal in die BILD schaffen. Als Held natürlich… 😀

 

Ich wollte noch sagen…

Vielen Dank an Herrn Uhlig, Frau Biebrach und Herrn Kern für das tolle Erlebnis.

 

Gastartikel (CC BY-SA 3.0) von NetzBlogR: Blog | Twitter | Google+

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Der Gastautor ist ein toller Autor. Denn er ist das Alter Ego derjenigen, die hier ab und zu für frischen Wind sorgen. Unregelmäßig, oftmals nur 1x. Der Gastautor eben.

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27 Kommentare

  1. @noname
    Die ersten paar Minuten war mir im MD-11 Sim etwas flau, dann ging es.

    Der große Daimler Simulator, den ich oben verlinkt habe, beschleunigt übrigens tatsächlich auf einem Schlitten bis zu 36km/h und kann durch gleichzeitige Drehung des Doms auch Querbeschleunigung simulieren.

  2. Ist doch mal was schönes für zwischendurch wa?

  3. @janbpunkt

    Durch bloßes Kippen erreicht man den „in die Sitze Pressen“ Effekt nicht!
    Beim bloßen kippen würde es dich ausschließlich mit einem Teil der Schwerkraft in die Sitze pressen, bei einem Flugzeugstart treten jedoch Kräfte eines vielfachen der Erdbeschleunigung g auf, somit muss das anders bewerkstelligt werden!
    Wie kann ich aber auch nicht sagen

  4. Das muss ein sehr bewegendes Erlebnis gewesen sein^^
    Hab fast 2J. in HH bei einem Zulieferer auf dem Airbus-Gelände gearbeitet. Die Flugzeuge und die Technik in ECHT zu sehen, ist unbeschreiblich.
    Schade, dass Du keinen A320 steuern konntest. Die MD-11 ist aber auch gar nicht mal so schlecht. Besser als ein Fokker100-Simulator 😉

  5. Herzlichen Glückwunsch zum Ride auf dem Biest!

    Natürlich wird das nicht mit Gravitation gemacht, das wär ja viel zu einfach! Der Rechner rechnet das Lastvielfache aus und Raketen an der Rückseite des Simulators erzeugen dann so viel Druck… Bullshit! Natürlich ist es die Gravitation, zusammen mit mit etwas Gerüttel hat man das Gefühl, einen echten „unreduced“ T/O zu machen.

    Wie ich durch die Liste der Beiträge hier scrolle, denke ich darüber nach, was für ein hellwacher und intelligenter Mensch Caschy sein muß … und daß ich, obwohl ich mich für Rechner, Netzwerke (CCNA) usw. einigermassen interessiere, niemals diesen Whizz-Status erreichen werde.

    Jetzt muß ich lächeln, denn Du hast für ein oder zwei Stunden auf meinem Arbeitsplatz gesessen (nicht die MD, kleineres Gerät im Konzern) und jetzt wiederum bist Du hellauf begeistert 🙂

    Habe etwa 10.000 Stunden Jet und mehrere Hundert Stunden Simulator. Wenn ich zum Sim gehe, denke ich auch immer: „…und hoffentlich lassen die das mit dem Rauch bleiben!“ 😉

    Schönen Gruß!

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