Digitalpakt Schule: 5 Mrd. Euro seien zu knapp bemessen

Vor ca. einem Jahr einigte man sich, um die Digitalisierung in der Schule voranzutreiben. Übertrieben gesagt, sollen die alten Diaprojektoren und Overhead-Folien aus den 1970er-Jahren nun doch einmal digitalen Tafeln und Wi-Fi weichen. Bund und Länder beschlossen den Digitalpakt Schule. Fünf Milliarden Euro sollten an die Schulen verteilt werden. Die Ergebnisse sind bisher arg überschaubar und das Geld wird nach Meinung einiger Beteiligten auch nicht ausreichen.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek feierte den Digitalpakt Schule natürlich als Erfolg, wie Politiker das eben so machen, wenn sich eine Gelegenheit ergibt sich selbst in den Vordergrund zu rücken. In den Ländern war man da skeptischer, denn es entstand auch die Befürchtung der Bund könnte nun das föderale System einschränken und mehr bei der Schulpolitik in den einzelnen Bundesländern mitmischen wollen. Konsequenz ist gewesen, dass das Geld in erster Linie in die Infrastruktur fließen sollte, während die Länder weiterhin die didaktischen Konzepte in der Hand haben.

Viel Sichtbares ist seitdem nicht an den Schulen passiert, was auch Karliczek ausweichend zugibt, denn sie will den Digitalpakt Schule natürlich weiterhin als Erfolg verkaufen, „auch wenn man es vielleicht an den Schulen noch nicht sieht“. So wurden zwar formal 5 Mrd. Euro zugestanden – nur 40 Mio. Euro wurden aber bisher von den Ländern bewilligt – ein Jahr später. Die Bildungsministerin begründet das damit, dass es seine Zeit brauche, bis pädagogische Konzepte reifen. Als jemand, der selbst Medienpädagogik studiert hat, behaupte ich aber, dass das vermutlich eher an komplizierten Antrags- und Verwaltungsabläufen liegt, die es erschweren Projekte zu überhaupt durchzuboxen.

Auch das Interesse ist wohl in den Bundesländern unterschiedlich. In Sachsen ging es wohl direkt im Mai 2019 los, während in Bayern erst seit Mitte Dezember 2019 überhaupt Antragsformulare vorliegen und kein einziger Antrag dort bisher vom Kultusministerium bewilligt wurde. Spannenderweise ist man in Bayern dennoch der Ansicht, dass die Summe von 5 Mrd. Euro ohnehin insgesamt nicht ausreiche. Dort befürchtet man, dass später auch die Länder selbst den Geldbeutel zücken müssen.

Etwa wurde bereits kritisiert, dass es zwar für Schulen vorgesehen sei neue Hard- und Software anzuschaffen, für die weitere Wartung sind aber keinerlei Mittel vorgesehen. Es reiche aber nicht, neue Technik anzuschaffen, jene dann überaltern zu lassen und weder zu warten noch Ersatz einzuplanen. Deswegen sei es im Grunde notwendig, dass es an jeder Schule einen IT-Experten gebe – ähnlich wie in Unternehmen. Die Lehrkräfte seien dafür nicht ausgebildet – auch didaktisch in der Regel nicht. Es fehlen also Ansätze z. B. Tablets im Unterricht nicht nur als Selbstzweck, sondern didaktisch sinnvoll einzubinden.

Die 5 Mrd. Euro aus dem Digitalpakt Schule sollen bis 2024 investiert werden. Ich bin gespannt, ob die Summe wirklich ausgeschöpft wird oder ob man eher weiter rumtrödelt und am Ende (übertrieben gesagt) ein paar Tablets in jedem Klassenraum in die Ecke donnert, während der Unterricht weiterläuft wie gewohnt, oder wirklich sinnvoll investiert – nicht nur in Hard- und Software an sich, sondern eben auch in didaktische Fortbildungen und neue Lehr- / Lernkonzepte.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden. PayPal-Kaffeespende an den Autor.

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15 Kommentare

  1. Gute Zusammenfassung. Das Thema regt mich so maßlos auf .. wie stümperhaft und inkompetent die gesamte Gesellschaft mit diesem für unser aller Zukunft so wichtigen Thema umgeht. Unfassbar.
    Die Stories von meinen Kindern über die „IT“ in den Schulen. Lächerlich bis erschreckend!

  2. In der Hinsicht hat Deutschland sowieso schon länger den Anschluss verpasst. Da kann man auch mit dem 5 Mrd. Euro nichts mehr aufholen. Und ich persönlich würde auch mal meinen das die hinten und vorne nicht reichen werden.

  3. Ich bin täglich dabei Schulen und Schulträger in Niedersachsen in Punkto Medienbildung zu beraten.
    Die Schulen sind in den Startlöchern, haben die Konzepte vielerorts fertig.
    Viele Kollegien haben sich seit Jahren fortgebildet und könnten vieles schon im Unterricht umsetzen.
    Das Problem sind die Schulträger, die nicht wissen, wie sie den Digitalpakt umsetzen sollen. Da sitzt jemand im Rathaus, der Schule, Schwimmbad, Bücherei, Kindergärten usw. betreut. Der Digitalpakt ist dann eine Überforderung. Es fehlen in den Kommunen Projektleiter und vor allem Administratoren. Dann zieht man sich aufgrund einer nicht vorhandenen Breitbandanbindung der Schule erstmal in den Wartestand zurück.
    In 4 Jahren werden wir uns aufgrund der im Artikel genannten Problematik über einen Digitalpakt 2 unterhalten. Desweiteren haben größere Schulträger auch Angst in die EU-Ausschreibung zu rücken und taktieren erstmal.

    • Schöne Polemik und Verallgemeinerung, „den Schulträger“ (grundsätzlich) den schwarzen Peter zuzuschieben. Du hast echt Ahnung …

      WEN genau hast du beraten? Denn in unserer Stadt (>300.000) warst du nicht! Eine EU-Ausschreibung hindert niemanden, aber die Zulieferer und Installationsfirmen kommen aufgrund voller Auftragsbücher kaum noch nach. Ganz zu schweigen, von den ENORM aufwändigen Antragsformularen für die Förderung.

  4. Stefan Schaper says:

    Du hast es geschrieben, keine Wartung, keine didaktischen Konzepte und keine technischen Strategien. Dazu Null Fachpersonal im Bildungsbereich beim Thema Medien. Die 5 Milliarden werden z.B. in Nds. ebenso verbrannt werden, wie seinerseits „Schulen ans Netz“. Außer ein paar „Leuchtumschulen“ werden im Jahre 2029 alle Schulen immer noch mit Overhead oder dem super innovativen Smartboard arbeiten. Traurig, aber leider Fakt. 🙁

  5. Mir ist aufefallen dass das technische (Computer-)Verständnis bei Kindern der Smartphone-Generation total flöten gegangen ist. Auch das Hinterfragen von vielen Sachen. Ich, 32, habe noch einen sehr jungen Halbbruder, der erst 11 geworden ist. Er hat, meiner Meinung nach zu früh, von meinem Vater bereits mit 10 ein iPhone bekommen und mit 8 ein iPad – was wiederum ok ist. Von Computern und Datenschutz hat er aber keine Ahnung und kein Interesse dran. Er hört mir auch nicht zu wenn ich ihm versuche etwas über Cookies zu erklären oder darüber dass das was seine YouTuber ihm erzählen, nicht immer alles stimmen muss, die dafür Geld erhalten und manchmal nur viele Klicks generieren wollen. Die Kinder heute in dem Alter scheinen mir viel stärker manipulierbar durch Medien zu sein als ich/wir damals. Da diese ganzen YouTuber eine viel persönlichere Bindung – zumindest vom Empfinden der Kinder her – haben, als ich damals zu TV-Moderatoren von LOGO, Kopfball oder Tiegerentenclub.

    Mein Vater (Ende 60) hat zwar ein sehr großes technisches Wissen – wir hatten auch Internet in den 90ern gleich als es verfügbar war – aber leider nicht von den heute wichtigen Digitalen Themen zu Datenschutz und Sicherheit im Netz.

    Das gleiche beobachte ich bei den Freunden meines Bruders. Die können alle mit Tablets und Smartphones umgehen und mit Apps, das wars aber auch. Auch schreiben mit der Tastatur ist nen Suchspiel, alle benutzen aus Faulheit nur Spracheingaben. Wenn er bei mir am Mac sitzt oder am PC meines Vaters oder meiner Stiefmutter, weiß er nicht was er da machen soll und kommt kaum mit der Maus zurecht, hat aber auch kein Interesse das zu lernen und bockt rum. Da er klassenebester ist, ist es auch keine Frage der Intelligenz.

    Wahnsinnig frustrierend. Ggf. werd ich alt und geh nicht mehr so ganz mit der Zeit, aber ich kann mir nicht vorstellen dass Computer in den nächen 10-15 Jahren aus dem Berufsalltag verschwinden werden.

    Ich seh da noch große Probleme auf die heutige Schulgeneration zukommen.

  6. Berate als Medienberater Schulen und Schulträger in Einigen Kommunen in NRW. Das Antragsverfahren ist sogar ungewöhnlich einfach gestrickt und die Prüftiefe auch nicht allzuhoch. Der Wille, das Geld rauszugeben ist klar zu erkennen. Allerdings sollte man nun als Schule und Schulträger sehr genau überlegen, was von dem Geld angeschafft wird. Die Staffelung nach zuerst Infrastruktur, dann Präsentationsmedien, dann Arbeitsgeräte ist in vielerlei sogar sinnvoll gewählt. Wir haben hier Schulträger, die von dem Geld alle Klassenräume (endlich) mit (nicht) interaktiven Boards austatten, ansere setzen auf eine Beamerlösung, das kommt tatsächlich auf jeweilige Budgets und Haushaltsüberlegungen an. Bach Breitband und Wlan-Ausbau ist damit das meiste Geld bereits ausgegeben. Es bedarf mit hoher Sicherheit einen Digitalpakt2, der auch mehr Schülerarbeitsgeräte berücksichtigt. (Aktuell Deckelung pro Schule auf 25.000€, das reicht bei einer Grundschule mit 250 Kindern , aber nicht bei einer Gesamtschule mit 1500 SchülerInnen.

    Ein großes Problem ist momentan tatsächlich auch die Verfügbarkeit von Handwerksfirmen , die die Technik in Schule verbaut („Wlan-Verkabelung“).

  7. Naja, meine Tochter ist in einer sogenannten IPad-Klasse (7. Klasse Gymnasium). Aber wer musste das IPad zahlen? Richtig, die Eltern. Aber das macht man ja gerne. Also: IPad im Klassenverband gekauft, aber kein normales für schlappe 300 Euro, sondern mit Wartung usw. samt tastatur für gute 500 Tacken. So weit, so gut.

    Das Problem ist vielmehr: Welcher Lehrer macht was mit dem IPad? Das hängt vollständig vom Lehrer ab, einge machen viel, einige wenig, andere gar nichts. Im Prinzip auch ok, Problem aber hier: Vorbereitung auf Klausuren? Ja, gerne, aber jetzt mit einem Sammelsorium aus Büchern, Arbeitszetteln, Heftnotizen und IPad. D.h., die Kinder müssen sich den Stoff aus mindestens 4 Quellen zusammensuchen. Das ist Mist. Über nicht funktionierende Einstellungen (Arbeitsumgebungen, teilweise nicht funktionierender Zugriff auf gemeinsame Dokumente zwecks Gruppenarbeit usw.) kann man da noch hinwegsehen. Naja, vielleicht sind sie da noch in der Findungsphase und es wird im Laufe der Zeit besser. Die Hoffnung stirbt zuletzt!!

  8. Was für eine sinnlose Diskussion, die da auf Länderebene aufgebauscht wird. Das ist ja vergleichbar mit folgendem: Opa will mir ein Auto schenken, was ich aber nicht annehme, weil das ja auch Unterhalt kostet. Und Bildung kostest nun mal.
    Die sollen das Geld nehmen, in die Infrastruktur stecken und dabei nicht den PC-Spezialisten engagieren, der aus seinem Hinterhof-Geschäft Consumerware vertreibt.

  9. Als jemand der durchaus tiefere Einblicke in den Bereich hat kann ich Dir sagen, Du siehst das etwas zu schwarz da passiert gerade durchaus einiges.

    Sowohl auf der Beschaffungsseite als auch im Hintergrund bei der konzeptionellen Planung für die Zukunft.

    Und das Gejammer über das Budget für die Wartung ist auch vollkommen überzogen. Zum einen wird solche IT in der Regel schon gleich mit einer langen Hersteller Garantie eingekauft, und zum anderen haben die Schulen ja auch noch in Zukunft ihre eigenen Töpfe mit Geldmitteln aus denen sie sich bedienen können, wie die ganze Zeit auch schon.

    • RedVision81 says:

      Da sind wir ja schon zwei mit tieferen Einblick…

      Und wer administriert den ganzen Spaß dann? Was genau hilft dir da die Herstellergarantie? Mit zwei oder vier Wochenstunden ist es nämlich nicht getan. Zumal ja auch noch PCs, Drucker, ASV und Co. Unterwegs sind. Alleine die ipad Verwaltung, mdm Lösung, App Freigabe, Beschaffung, Rollout, apple TV Anbindung usw. Usw. ist doch für keinen Lehrer mehr handlebar. Sobald Schulen über 50 PCs haben gehört ein Admin her. Das ist das was immer noch nicht begriffen wird. Und genau der wird von keinem dieser tollen Töpfe abgedeckt.

      Die ganze Digitalisierung ist für die Tonne wenn es niemand wartet und pflegt. So passiert es nämlich dann das nichts richtig funktioniert, weil sich keiner damit richtig auskennt, die tablets landen in der Ecke, werden nur noch fürs surfen verwendet, und es werden wieder Bücher, elmos und Beamer rausgeholt.

      • @RedVision81
        Es ging oben um die Frage „Wartungskosten“ und die Sorge, dass die Geräte überaltern und dann ausfallen. Das deckt zum größten Teil schon mal die Herstellergarantie ab.

        Dass Geräte (jeder Art) kein Selbstzweck darstellen, ist natürlich klar. Es muss auch das Know-how an den Schulen aufgebaut werden. In dem Bereich tut sich aber durchaus auch was, und die Lehrer die dann die IT Aufgaben übernehmen werden in der Regel dafür auch freigestellt, haben also genügend Stunden zur Verfügung um sich damit auch wirklich intensiv beschäftigen zu können. Früher wurde sowas ja durchaus mal noch „so zwischendrin“ erwartet neben der normalen Lehrtätigkeit, ohne ein extra Stundenbudget dafür zur Verfügung zu haben.

        Größere Schulen werden in der Regel, neben dafür (fast) vollständig freigestellten „Lehrern“ (sind dann quasi die Admins) auch noch extern vom Schulträger unterstützt mit entsprechendem Fachpersonal, das sind dann keine Lehrer sondern reine IT’ler.

        In welchem Bundesland ist denn Deine Schule, vielleicht gibt es da ja auch größere regionale Unterschiede?

        • RedVision81 says:

          Unsere Schulen sind in Bayern, und über eine vollständige Befreiung sind wir hier meilenweit weit entfernt. Aktuell gibt es lediglich 4 Stunden pro Woche, was ein Witz ist. Hier muss ein umdenken statt finden. Keine Digitalisierung ohne einen Admin.

          Das in Anspruch nehmen der Herstellergarantie nimmt aber auch enorm Zeit in Anspruch, da sind schnell mal 1-2 Stunden zu investieren, Ticket Erstellung, durchführen von Tests, zurücksetzen usw. Die meisten Geräte sind mittlerweile so zuverlässig, dass das aber das kleinste Problem ist. Am meisten nimmt die eigentliche Betreuung in Anspruch, Einbindung, Updates, Wartung…

          Mittlerweile ist zudem ja auch eine komplexe Infrastruktur notwendig, um auch alle Sicherheitsstandards einzuhalten. Firewall, switche, vlan, Server, WLAN, dazu natürlich auch Benutzer und rechte Verwaltung. Die Faustregel in Unternehmen je nach Komplexität ist ja eigentlich pro 100-140 Mitarbeiter / Rechner ein Admin. Ob ich das in den Schulen noch erleben darf?

  10. Genau mein Thema, jeden Tag an der Front unterwegs. Bevor Verläge, Kultus, Träger, IT-Firmen, Schulen, Lehrer sich nicht zusammenfinden und das Thema mal von Grund auf erörtern wird das die nächsten 10 Jahre nix. Da können die Berater beraten wie Sie wollen. Der DigitalPakt ist Wahnsinn. Trotz Wlan-Ertüchtigung werden an jeden Schülerplatz 2 Dosen gelegt, die Datenverteiler wollt Ihr nicht sehen. Meiner Meinung wird zuviel Geld verbrannt, da gibt es ganz anderen Handlungsbedarf. Klar haben die Firmen viel zutun. Es muss ja auf Windows 10 umgestellt werden

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