Stille Tage im Klischee – der Blogger auf der re:publica

Die Überschrift lässt einiges vermuten, oder? Eine detaillierte Aufschlüsselung und Erklärung der Blogger. Allgemein gültig. Gut recherchiert und repräsentativ. Ich sag euch was: am Arsch. Hier gibt es nur Meinung. Ich war diese Woche auf der re:publica in Berlin. Da trafen sie sich – die Blogger, die Digitalen, die „Ich mache irgendwas mit Medien-Typen“, die arbeitslosen Social Media-Berater und die Feministinnen dieses Internets.

Wisst ihr, was ich nur wenig gesehen habe? Blogger. Also das Bild des Bloggers mit tragenden Brillen, welches ich habe. Blogger ist jeder und kann jeder sein. Ein Schnitt durch die Gesellschaft. Klein, groß, dick, dünn, schlau, doof – ihr kennt das. Das komplette Spektrum Mensch. Auf der re:publica wurde ein anderes Bild von Internet-Deutschland gezeigt und ich hoffe, dass normale Menschen und Medien nicht denken, dass dies die Vertreter, der Querschnitt des deutschen Internets sind.

Menschen, die Club Mate trinken (ja, es ist nämlich hipp), obwohl das schmeckt wie Oma unterm Arm (meine Meinung, muss nicht stimmen). Ach ja, schwarze Nerd-Brillen. Man will ja anders sein (haha!) Die Apple-Dichte lag bei gefühlten 95% (da bilde ich keine Ausnahme). Viel Dummschwafelei, wenig Neues – Schmoren im eigenen Saft. Menschen, die sich wichtig vorkamen – obwohl deren Blog, Seite, whatever vielleicht weniger Leute lesen, als euer Kanarienvogel Facebook-Freunde hat. Das zählt nicht in dieser Welt. Hauptsache man erzählt etwas und man ist wichtig.

Nicht falsch verstehen, ich will hier nicht den Kamm über alle Menschen scheren, die auf der re:publica rumliefen, aber einige passten doch ganz gut in das Bild. Das Problem ist halt, dass nun alle denken, dass diese Menschen ein Spiegelbild unseres Internets sind. Dies ist mal schlichtweg falsch. Denn im Internet ist mittlerweile fast jeder. Da gibt es nicht nur Arte oder Phoenix, sondern eben auch RTL2. Und wir müssen lernen, dass es alle Kanäle gibt, nicht nur ein paar.

Wir müssen die Werkzeuge in die Hand nehmen, die uns zur Verfügung stehen. Medienkompetenz vorleben. Man überlege sich: da stellen sich bei der re:publica Menschen auf eine Bühne und halten einen Vortrag über „Blogs in Deutschland aus Sicht der Blogger“. Und dann kommt allen Ernstes heraus, dass 20 Blogger befragt wurden – Politblogger auch noch. Gehts noch? Die andere Seite meiner re:publica waren interessante Sessions mit und von Bloggern und natürlich auch Gespräche mit vielen Menschen, die kurioserweise nicht in oben angesprochenes Klischee passten.

Lasst euch bitte nicht irre machen. Internet ist Internet. Nicht schwarz, nicht weiss – vor allem ohne Nerd-Brille. Das Internet ist bunt, wie wir. Es ist unsere Aufgabe, es zu einem tollen Ort zu machen – und nicht die von Politikern oder Szenestars. Lasst euch keine Meinung vorleben, sondern bildet euch eine. Dabei ist es egal ob wie produzieren oder konsumieren. Amen & noch nen schönen Restsonntag – wer jetzt meint, ich sei ein arroganter Typ, weil ich die oben genannten Stereotypen an einen Pranger stelle – mir egal, ich bin ein Mensch mit Stärken und Schwächen – und dazu stehe ich.

Nachtrag: André von logolook hat Interviews geführt:

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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71 Kommentare

  1. Ganz spontan für die Menschen, die es evtl. noch nicht gelesen haben: http://goo.gl/GCGE5 (von http://differentia.wordpress.com )

  2. was das Thema Nerds angeht: Nicht die echten Nerds sind das Problem, die sind cool, verstehen von was sie labern und stellen sich auch nicht in den Mittelpunkt.

    Schlimm sind diese Pseudo-Nerds mit ihrem Apple Zeugs, die gerne echte Nerds wären und so tun als ob sie wichtig sind.

    Ich finde da muss man ganz genau unterscheiden!

  3. Ich habe ja generell so ein Problem mit den typischen „Szene-Treffs“, wo in inzestuösester Manier „Insiderwissen“ über die Leute außerhalb der Szene ausgetauscht wird. Anstatt diese Leute dann einfach mal zu fragen oder zu integrieren. War hier in Savannah beim DesignEthos genauso. Da haben Designer, Design-Lehrende (Akademiker…) und Theoretiker philosophiert wie Design die Welt für jedermann besser machen kann. Anstatt einfach mal einen Jedermann / Normalbürger zu fragen, werden da die wüstesten Theorien herbeigezogen.
    Wer „in Internet macht“ und nur im Internet lebt betreibt kulturellen Inzest. Ich weiß aus sehr sicherer Quelle, dass der Autor dieses Blogs auch offline menschlich ist.

  4. @Robert Aghte: Wen es interessiert, der geht hin, wen nicht, der geht nicht hin. Genau wie Libyen.

    Caschy war da und berichtet unter anderem von vielen wandelnden Klischees. Das kommentieren viele Interessierte. Ein Blick auf deinen Twitter-Account und deine Website, deine Selbstdarstellungs-Fotos, Bin-beim-Bäcker-hier-mit-google-maps-Standort-Posts und Fotos mit abgedroschenen Standard-Filtern: Über dich wird hier geschrieben.

  5. @Hoschi Nerdsein und Apple schliessen sich für mich seit jeher aus. Ich mag Apple-Produkte sehr gerne, habe mich mit einem MBP oder einen iPhone noch nie als Nerd gefühlt.

    Echte Nerds haben zum Beispiel ein Gentoo-Laptop und ein N900. Apple und Windows ist was für die restlichen 99%.

  6. doppel moppel

  7. Ne .. Apple ist was für die Leute die different denken 😀

  8. Ich liebe diesen Blog. Danke Caschy. 🙂

  9. Astreiner Artikel, geht runter wie Öl! Besten Dank dafür!

  10. das Web wird bunt?
    Jetzt muß ich aber kräftig lachen. Das Web war schon bunt als die meisten Nerds sich noch mit ihrem Tamagotchi beschäftigt haben.

    Das Web hat sich wunderbar gewandelt und bietet richtig geile Möglichkeiten. Es hat an Nutzern zugelegt und ist eben nichts aussergewöhnliches mehr.
    Es hat aber auch viele Leute rausgekitzelt die nun meinen sie hätten das Rad neu erfunden. Genau da kommt dann der Vergleich zu Bild. Es ist völlig egal was die fürn Bullshit verbreiten, es wird gelesen und eben nicht nur vom RTL2 Besucher. Warum liest man es? Weil sie die Sprache der Masse sprechen. Was Bild schreibt versteht jeder und es ist den Autoren scheißegal was der Leser danach denkt. Der Klick zählt.

    Dagen kommt dann der Blog. Nehmen wir mal nur den Artikel zur Verschlüsselung. Guter, sinnvoller Artikel. Bei den Kommentaren ist dann aber nur noch der geschichtliche Part von Enigma lesenswert.
    Daneben posten Nerds und das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen, von 128bit Verschlüsselungen, gepackt mit möglichst vielen Fachbegriffen (ala ich kenn Begriffe, ich bin wichtig) und fordern eine Sicherheit im Net die dem Fort Knox entspricht. Hut ab….

    Der RTL2 Leser wird verstanden haben was er wollte, einer der Plan hat wird sich neben dem Scriptkiddie schlapp lachen und ich denk nur blubb.

    So und genau diese Bilder spiegeln sich auf der re:publica wieder. Man nennt das Kind nicht beim Namen „Wir treffen uns, sabbeln blöd rum und erfreuen uns am Abend beim Bier daran“.
    Vermutlich werden viele Nerds nun sogar dran glauben das sie neues erfahren haben und nun den Radschlüssel fürs Web besitzen.
    Sie werden immernoch daran glauben das man einzigartig sein muß und kein anderer ausser ihm wird die Dinge umsetzen die der Punk vorn erzählt hat.

    bis aufs verpasste Bier mit einigen Leuten war ich via Twitter bestens unterhalten. Ich werd zwar kein Nerd, sterbe dumm aber ich hatte wieder viel zu lachen.

    AMEN

  11. @Tobias: Du bist aber garstig. Von uns Selbstdarstellern lebt das Web…

  12. Das hat der @dhrac gut erkannt. Opi war bei der SS? Dann hast Du ja ggf. das Ich-folge-Gen geerbt.

    Natürlich hinkt der Vergleich und ich meine nicht nur die #rp … aber dieses selbsternannte / von hirnlosen Fans aufs Schild gehobene Häufchen von „Netizens“, die sagen, wie es „im Netz“ sein soll, ist einfach ekelerregend.

    Diese mspros, glücklichen Schnitzel und wie die Protagonisten der InzestInternetSchaft alle heißen suhlen sich in der Bewunderung der InternetMassen, die lieber nachhecheln & abfeiern, anstatt sich selber eine Meinung zu bilden.

    Stand der aktuellen Forschung ist, daß jeder Mensch diesen feuchten Lappen unter der Schädeldecke hat. Einfach mal autark nutzen, statt sich von „Helden“ vorgeben zu lassen, wie man zu sein hat, was man zu denken / tun hat.

    Und damit sind wir wieder bei Nürnberg.

  13. Gut geschrieben. Danke für dieses Artikel.
    Und Gilly fühlt sich wohl auffen Schlips, äh die Nerdbrille getreten. Find es auch immer schade, wenn sich wenige Blogger hinstellen und dann meinen sie seien „das Internet“ oder „die Blogosphäre“. Meist lehren sie über den Tellerrand zu blicken, aber besitzen diese Fähigkeit selbst kaum. Halten sich noch dazu meist für etwas besseres – elitär.

  14. Club Mate hat mit Mate-Tee so viel zu tun wie Fanta mit Orangensaft.

  15. @maik: Sich selbst darzustellen, ist grundsätzlich ja auch nichts Schlechtes. Habe deinen Nick angeklickt und dahinter einen (auf den ersten Blick) sorgfältig geführten, inhaltlich interessanten Themenblog gefunden. Das ganze ohne überbordende Selbstdarstellung.

    Das ist in meinen Augen ein positives Beispiel und weit entfernt von dem, wogegen ich selbst allergisch bin. 😉

  16. Hm, trage keine Nerdbrille, höre Rockmusik, habe lange Haare, nen lustigen Kinnbart, trage nen iPad spazieren, fand Club Mate irgendwie wie verdünnten Cider oder abgestandene Faßbrause.

    Aber den Querschnitt der Leute fand ich gut. Dick, dünn, hässlich, hübsch, bebrillt, gefärbt, beglatzt, langhaarig, dumm, schlau, labernd (Sascha Lobo) intelligent (Gunter Dueck), jung, alt etc. pp.

    Ein bunter Jahrmarkt der Blogger/innen und jener die sich für wichtig und oder unwichtig im Netz hielten.

  17. @ Tobias und @maik

    Habe Maiks Blog auch mal angeklickt und fand es thematisch interessant. Das sind doch Themen, die Leute gerne lesen.

  18. Schublade auf. Schublade zu.

  19. Nachtrag zum Video:
    Keuchel kommt am besten weg, sehr sympathisch der Kerl.
    Na als Google Pressesprecher sollte man auch reden können 😉

  20. Nerdbrille und Club-Mate? re:publiba in Berlin? Passt ja irgendwie zusammen und man könnte denken, dass die Friedrichshain-Szene anwesend war…Schön geschrieben Caschy

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