ChatGPT und Bard: Ohne den Niedriglohnsektor könnten sie nicht bestehen

Derzeit sind ChatGPT und Googles Konter Bard in aller Munde. Microsoft implementiert die GPT-Basis auch für seine Suchmaschine Bing und seinen Browser Edge, will also quasi eine große KI-Offensive starten. Dabei gibt es viel Hype in den Medien und in der Industrie, doch die Schattenseiten im Hintergrund kommen bedeutend seltener zur Sprache. So macht eine spannende Kolumne in der Los Angeles Times darauf aufmerksam, dass die Chatbots ohne Mitarbeiter aus dem Niedriglohnsektor, welche bei der Überarbeitung der Algorithmen unterstützen, nichts wert wären.

Dabei verdienen die Angestellten offenbar schlecht – die Bezahlung sei niedriger als bei einer Aushilfe im Fast-Food-Restaurant. Psychisch kann die Arbeit anstrengend sein, denn die Mitarbeiter geben Bewertungen dazu ab, wie passend oder unpassend Antworten von etwa Googles Bard sind. Dabei werden sie auch mit echten Nutzeranfragen konfrontiert, die sich etwa um das Thema Selbstmord drehen: „Wie lang sollte ein Seil sein, mit dem ich mich erhängen kann?“.

Generell sollte man als Außenstehender erwarten, dass Google und Microsoft hohe Summen investieren dürften, um die Qualitätskontrolle ihrer KI-Anwendungen so rigoros wie möglich zu halten. Schließlich ist der Anspruch, dass die Software möglichst korrekte Antworten gibt. Doch im Hintergrund arbeiten in Wahrheit schlecht entlohnt Angestellte, die zugleich monotonen wie psychisch anstrengenden Tätigkeiten nachgehen, um die Algorithmen zu verbessern. Das zeigt auch: Ohne menschliche Optimierung geht da noch nicht viel.

Die eingestellten Menschen, die hinter den Kulissen Ergebnisse und Aussagen von Google Bard bewerten, erhalten offenbar teilweise gerade einmal 14 US-Dollar pro Stunde. Sie sind über externe Unternehmen beschäftigt, auch wenn diese wieder exklusiv für Google tätig sind. So kann Google selbst natürlich die Verantwortung von sich weisen, da die Arbeiter nicht direkt intern beschäftigt werden.

Rund um ChatGPT soll es noch schlechter aussehen: Teilweise arbeiten offenbar Mitarbeiter in Ländern wie Kenia an der Optimierung der Daten und der Bewertung von Inhalten – für weniger als 2 US-Dollar die Stunde. Sie werden mit Inhalten konfrontiert, die teilweise traumatisierend wirken. Sprechen möchten die Verantwortlichen über diese Aspekte natürlich nicht so gerne, erklärt einer der Bewertungs-Mitarbeiter an Bard gegenüber der Los Angeles Times. Er selbst sei mit Rassismus, Sexismus, Gewalt und sogar Kinderpornografie während seiner Arbeit konfrontiert worden.

Es sei aber schwer, solchen Inhalten aus dem Weg zu gehen: Zwar habe man die Wahl, anzugeben, dass man etwa möglicherweise pornografische Inhalte nicht bewerten wolle, erhalte dann aber zum Teil generell kaum noch Aufgaben. Die Mitarbeiter fühlen sich dabei nach eigenen Angaben wie „Geister“ behandelt, die im Hintergrund agieren und über die niemand sprechen wolle. In den USA gibt es deswegen teilweise Streiks bei einigen externen Firmen, doch die Ergebnisse bleiben abzuwarten.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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34 Kommentare

  1. Leider wird hier das Lohnsklaven System von Facebook und Co uebernommen, die bereits seit Jahren in Niedriglohnlaender Mitarbeiter:innen dafuer einsetzen, dass diese Inhalte entfernen.

    Es ist und bleibt ein Skandal!

  2. So funktioniert eben der Kapitalismus. Ist genauso wie Apple, die ihre teuren Geräte jetzt möglichst billig in Indien zusammenbauen lassen. Man könnte das auch woanders machen und bessere Löhne zahlen, aber dann würde mann auch weniger verdienen.

  3. Das ist ein großes Problem darüber hinaus und ich bin positiv überrascht, dass euer Blog das thematisiert.

    Ein anderes Beispiel die Poststreiks. Alle wollen online bestellen und das soll möglichst schnell und billig sein, die Leute die täglich tonnenweise Pakete an Haustüren schleppen sollen aber gefälligst mit einem Hungerlohn zufrieden sein, Leistungsgesellschaft wie zum Hohn.

    Und jetzt wo sie um einen Inflationsausgleich für letztes und dieses Jahr streiken, während ihr Arbeitgeber alleine letztes Jahr über 8 Milliarden Euro Reingewinn auf ihrem Rücken verdient hat, wird ihnen vom Arbeitgeber angedroht sie zu ersetzen.

    https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/deutsche-post-tarifstreit-konzern-droht-mit-staerkerer-einbindung-von-fremdfirmen-a-572357a9-f4fe-497a-b6fc-a83166efb607

    Impliziert ist dabei angesprochen, dass andere Logistiker die Mitarbeiter noch wesentlich schlechter behandeln. Und die Post offensichtlich davon ausgeht, dass uns Kunden das sch*egal ist, Hauptsache die Primelieferung kommt morgen und am besten will man den Zusteller auch gar nicht sehen müssen, jedes freundliche Wort ist einem schon zuviel, daher Abstellgenehmigung oder Packstation. Ein perfekt entfremdeter „Prozess“.

    Ich frage mich ob E-Commerce und digitale Revolution ohne Ausbeutung von Arbeitnehmern in aller Welt (in etwas milderem Maß auch in Deutschland) überhaupt möglich wären bzw. die vermeintlich billigeren Preise beim Onlineshop, digitale Helfer für wenig Geld bzw. gratis usw. nicht letztlich nur durch Ausbeutung entstehen.

    Und mit welchem Zweck? Lebt der Mensch also doch nur für die Wirtschaft? Jeder, der in seiner Freizeit Kunde ist, muss doch selbst auch von etwas leben. Wenn wir bei diesem race to the bottom immer weiter begeistert mitmachen gibt’s am Ende weltweit nur noch eine wohlhabende Oberschicht, einige Schleimer darunter die ihr den Pöbel vom Hals halten und dafür ein paar Krümel abbekommen und den großen Rest, der nur stört.

    • Du fragst dich einiges.
      Und wie antwortest du dir?
      Und, wenn du etwas nicht okay findest, was tust du dann?
      Und: was bewirkt das, was du tust?
      Und: wie beeinflusst das dein Handeln?

      • Ich denke, dass das den Rahmen der Kommentarsektion sprengt und am besten persönlich besprochen werden sollte, wo immer man kann. Und ich denke da sollte jeder anfangen, mit seinen Mitmenschen sprechen, sich organisieren. Nicht nur Konsument sein, sondern Bürger.

        • Ich stimm dir zu.
          Mein Beitrag war nicht als Frage in den Blog gestellt sondern als Hinweis, welche eigene innere Haltung ich für notwendig erachte – und siehst du es auch so, dass es für Konsumenten auf die innere Haltung ankommt?

    • Gut, dann schleppt der Postler eben keine Pakete mehr. Dann ist er arbeitslos, was – denke ich – angesichts der meistens null vorhandenen Qualifikationen eher ein Problem darstellen könnte. Ist das dann besser? Ich denke, viele nullqualifizierte Arbeitnehmer sind eher froh, wenn sie dort einen Job finden. Und wahrscheinlich wird niemand erwarten, dort 6000 €/Monat zu verdienen (zu Recht). Die Streiks befürworte ich übrigens ausdrücklich.

      • Ok boomer. Nur in Deutschland hat sich die Annahme eingebürgert, man werde abstrakt für das Vorhandensein eines Zeugnisses in der Personalmappe bezahlt, nicht für die Ausübung einer konkreten Tätigkeit unter zur Verfügung Stellung der eigenen Ressource begrenzter Lebenszeit. Zusteller haben sowohl eine körperlich anstrengende, wie auch verantwortliche Tätigkeit. Sie handhaben tausende Euro Sachwerte jeden Tag, für die sie bei Fahrlässigkeit auch persönlich haften, sie nehmen Unterschriften für Einschreiben ab, beurkunden Postzustellungsaufträge ohne die kein Gerichtsverfahren in Deutschland funktioniert, weswegen dies auch einst Beamte waren. Ich mag dieses gegeneinander Ausspielen von Menschen nicht, denn jeder Mensch und jeder Beruf hat in unserer Gesellschaft eine Bedeutung. Diese Kombination aus Verantwortung und unbedingt peniblem Arbeiten einerseits und körperlicher Anstrengung bei jeder Witterung andererseits zielt auf eine besonders gewissenhafte und fleißige Personengruppe die es mit diesen Sekundärtugenden einfach in anderen Branchen zu mehr Entgelt bringt.

        Die Post hat deswegen extreme Nachwuchsprobleme, wie die Beschwerdeflut der letzten 2 Jahre gezeigt hat. Der Betrieb wird maßgeblich durch ältere Arbeitnehmer aufrecht erhalten, die ü50 keine berufliche Alternative mehr sehen und bis zur Rente weitermachen „müssen“.
        Bewirb dich gerne, du wirst garantiert auch in deinem Ort offene Stellen für Zusteller bei der Post finden. Probier es aus.

        Die Zeit „wenn du es nicht machst warten vor der Tür 10 Arbeitslose die es machen“ ist vorbei, das war die Zeit der Baby Boomer, in der Kapital knapper war als die Arbeitskraft. Das endet gerade unumkehrbar für Jahrzehnte.

        Langfristig richtet der Vorstand die Post durch die Überalterung des Personals zu Grunde. Auch werden Kunden, insbesondere Geschäftskunden, nicht mehr bereit sein Premiumpreise zu bezahlen wenn sie dafür die selben Subsubunternehmen bekommen wie bei anderen Paketdiensten, die aber weniger kosten.

        Das ist dem Management aber natürlich egal, das ist bis dahin schon wieder weitergezogen, inklusive Millionen Boni und golden handshake. Das ist das worum es hier geht.

        • Gehälter richten sich üblicherweise nach dem Mehrwert den die Tätigkeit dem Unternehmen bringt und der Qualifikation und Ausbildung um notwendig ist diese auszuführen. Beides ist für einen Paketboten in geringem Maße notwendig, daher werden entsprechende Jobs eher schlecht bezahlt.

          • Ohne Zusteller steht das Unternehmen still, 0€ Umsatz. Nicht ein bisschen 0, sondern 0.
            Ohne die Managementebene nicht unbedingt.

            Deine Einstellung ist ja auch nichts besonderes sondern hat sich in den letzten Jahrzehnten in Deutschland überall breit gemacht.
            Jetzt kommt halt der reality check. Nicht durch Streiks, die Gewerkschaften sind inzwischen zu schwach.
            Durch die Demografie. Da kann man dann lange über Qualifikationen referieren, ohne Zusteller kein Umsatz, ohne Umsatz kein Unternehmen. Ohne bessere Bezahlung keine Zusteller. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge die Unternehmen verlassen werden sich viele Unternehmensführungen und ihre Kunden wundern wie sehr für selbstverständlich gehaltene Arbeitskraft von der Duldsamkeit einer ganzen Generation, denen man immer gesagt hat ihr seid soviele der Einzelne ist austauschbar, plötzlich fehlt.
            Die Störungen des Geschäftsbetriebs sind dabei natürlich nicht linear zum Personalmangel, sondern ab einem gewissen Punkt fliegt der Laden einfach auseinander.
            Freilich stört dies das Management nicht, das erhält Millionen. Manche nennen das den „Mehdorn-Effekt“.

        • „Ok boomer.“

          Und schon disqualifiziert.
          Falls es Ihnen um andere Menschen geht dann offensichtlich bestenfalls selektiv. Andere kann man diskriminieren/herabwürdigen.

          • Wenn du dich davon angegriffen fühlst, bestätigst du doch nur was Michael sagt. Fakt ist, es wird immer von der immensen Verantwortung des Managements gesprochen, alles was denen aber droht wenn etwas falsch läuft, sie bekommen eine üppige Abfindung und fangen beim nächsten Unternehmen an. Der kleine Mann muss dagegen um seinen Job bangen, ohne Abfindung natürlich und kann es sich nicht leisten ein halbes Jahr keinen Job zu haben. Diese Abhängigkeit ist es auch, dass viele den Job des Paketzustellers noch machen. Durch schlechte Qualifikation bleibt ihnen schlicht keine andere Wahl. Friss oder stirb. Und da sollte die Gesellschaft sich schon fragen, ob die derzeitige Verteidigung von Vermögen und Gehältern langfristig gut gehen kann. Aber hey, billige Arbeitskräfte aus Afrika & Co wird es auch in Zukunft geben. In Katar hat man sich darüber echauffiert, auch wenn das Ausmaß dort natürlich nochmal gravierender ist.

            • Sie derailen, das ist ein anderes Thema als die pauschale Herabwürdigung des Gegenübers.

              WP sagt z.B.
              „OK Boomer ist eine Phrase, die sich im Laufe des Jahres 2019 zu einem Internet-Meme entwickelte. Sie wird verwendet, um als stereotyp angesehene Ansichten der Baby-Boomer-Generation zurückzuweisen und sich über diese lustig zu machen“

              • Wenn eine Äußerung stereotyp ist, dann kann man sie auch so benennen. Dass das mit einem sarkastische Augenzwinkern gemeint war sollte auch klar sein.
                Wer keine inhaltliche Replik hat beißt sich an Form, Satzbau oder Tippfehlern fest. Das war schon immer so in Onlinediskussionen.

                Letztlich wird diese Gesellschaft durch Schmerz lernen müssen. Insbesondere diejenigen, die mit Sprüchen wie Lehrjahre sind keine Herrenjahre, das haben wirst schon immer so gemacht da könnte ja jeder kommen, Augen auf bei der Berufswahl oder jeder ist seines Glückes Schmied dafür sorgen, dass sich nie etwas verändert hat, werden besonders darunter leiden.

                Demografie ist leider in einer gewissen Spannbreite (Szenarien) sehr berechenbar. Es gibt kein Szenario, selbst wenn man zB die hohe Zuwanderung der letzten 10 Jahre nochmals verdoppelt, in dem in den kommenden 10 Jahren dem deutschen Arbeitsmarkt nicht Millionen Arbeitnehmer verloren gehen, wobei nur ein Bruchteil davon nachrückt. In mittleren Szenario gibt’s in Deutschland im Jahr 2033 über 4 Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter als heute, aber umso mehr Senioren, die in besonderer Weise von vielen Dienstleistungen abhängig sind.
                Wenn man erstmal ein gewisses Alter hat ist es zB auch nicht mehr so easy ein Paket von der Packstation zu holen und man ist dankbar, dass einem jemand etwas an die Tür getragen hat, weil man es selbst kaum noch kann. Diese und viele andere Dienstleistungen werden aber in den kommenden Jahren immer schwieriger aufrecht zu erhalten sein. Selbst mit steigenden Einkommen. Denn auch diese zaubern nicht mehr Arbeitnehmer in Deutschland herbei.

                Weitsichtigkeit in Personalentwicklung würde eine Premium-Strategie, die viel Nachwuchs anzieht, als Chance sehen langfristig den deutschen Markt zu beherrschen.

                Und umgekehrt wird niemand noch bereit sein die Premiumpreise von DHL zu bezahlen, wenn man die selben Dumpingmethoden dafür bekomnt wie bei der ganzen Konkurrenz. Alles komplett logisch und nachvollziehbar, dennoch herrscht breite Realitätsverweigerung die mit Sprüchen untermauert wird. Ja, da hab ich dann auch mal mitgemacht, mea culpa.

              • Ok Boomer unterstellt einem kompletten Geburtenjahrgang ein stereotypes Verhalten anhand eines Merkmals, für das diese Personen nichts können. Das ist genau so ekelhaft wie jemandem wegen seiner Augen- oder Hautfarbe oder seines Geburtsortes mit Vorurteilen zu belegen.

        • Gunar Gürgens says:

          Ich kenne Firmen die sind von „Wir wollen eine Fachkraft für die Produktion“ zu „Wir suchen jemanden für die Produktion“ zu „Wir suchen jemanden, der Lust hat um 7 schon auf der Arbeit zu sein und ein technisches Grundverständnis mitbringt“
          Jap das mit den Arbeitern wird uns noch ordentlich auf die Füße fallen.

    • @Michael: Absolut und vollumfänglich korrekt. Chapeau!

      Bodo Janssen hat – allerdings im Kontext mit dem Mensch im System Wirtschaft – folgenden Satz gesagt:

      „… dass der Mensch nicht dafür da ist, der Wirtschaft zu dienen, sondern dass die Wirtschaft dafür da, ist dem Menschen zu dienen.

      Und dass wir – im Grunde genommen – als Mensch und Unternehmer eine Aufgabe haben, nämlich andere Menschen erfolgreich zu machen und Sie nicht dafür zu nutzen, als Mittel zum Zweck, um selbst für Gewinnmaximierung, Macht und Anerkennung zu sorgen.“

      (Zitat Bodo Janssen, GF Upstalsboom-Kette, Marktführer von Hotel- und Ferienwohnungen an Nord- und Ostsee, 650 Mitarbeiter)

    • Jaja. Bei deinen wohlfeilen Betrachtungen hast du aus dem Blick verloren, dass der Kunde der Post nicht der Einzige ist, der für den von dir beklagten Zustand verantwortlich ist. Die Post als Unternehmen ist daran gebunden sich einigermaßen wirtschaftlich zu verhalten, das ist nicht verwunderlich. Aber warum sollen die Kunden sich alleine darüber einen Kopf machen, ob der Zusteller ausreichend (wer auch immer das definiert) entlohnt wird oder nicht? Der zweite, direkt Beteiligte ist der Postzusteller selbst. Schließlich hat er den Job angenommen. Und oh nein, verhungern würde er nicht, wenn er den Job wegen schlechter Bezahlung aufgibt oder besser: gar nicht erst annimmt. Wir haben einen Mangel an Arbeitskräften, es ist daher kein echter Zwang vorhanden, schlechte Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Im Gegenteil, wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, dass die Bedingungen oft gar nicht so schlecht sind, wie sie von Gewerkschaften (die daran ein Interesse haben, die Arbeitsbedingungen in einem schlechten Licht darzustellen – das ist ihr Geschäft) und anderen Gutmenschen dargestellt werden. Gutes Beispiel ist der Murmeltierkampf von Verdi gegen Amazons Lagerarbeiter. Amazon hat kein Problem Arbeitnehmer zu finden … die Bedingungen scheinen also für die Betroffenen gar nicht so schlecht zu sein (und objektiv betrachtet sind sie auch nicht schlecht). Aber immer schön den Kunden die moralische Keule zwischen die Beine schlagen, ja ja.

      • Soso. Ich weiss warum es mir nicht egal ist wenn andere Menschen ausgenutzt werden.
        Ich verstehe aber immer nicht warum sich soviele Menschen motiviert fühlen Pressesprecher für Konzerne zu spielen. Oder denkst du ernsthaft, dass dein bescheidener Wohlstand, du scheinst dich ja nicht mit Geringverdienern zu identifizieren, in irgend einer Form bedroht ist wenn ein Unternehmen mit über 8 Milliarden € Jahresprofit im letzten Jahr die Arbeitskräfte, auf deren Rücken das erarbeitet wurde, auch anständig bezahlt?
        Ein Inflationsausgleich ist bei geringen Einkommen, die ihr Einkommen größtenteils für steigende Fixkosten brauchen, das Minimum und 15% ist nun einmal für die Jahre 2022 und 2023 (vgl. Laufzeit) ungefähr der zu erwartende, notwendige Inflationsausgleich, damit die Arbeitsstunde noch soviel Brot und Miete bezahlen kann wie vor 2 Jahren.

        Warum führen soviele Nutzer auch hier in den Kommentaren immer so einen Klassenkampf von etwas weiter oben? Ist es das Sandwich-Prinzip, nach unten treten, nach oben..? Ich bin wirklich neugierig.

    • Naja mit den Ausfahrern bei DHL ist das eber eher ein schlechtes Beispiel. Wir haben seit einem Jahr einen extrem netten Fahrer der so extrem Dankbar über seinen Job bei DHL ist. Es ist immer eine Frage der Perspektive, die Fahrer bekommen im Schnitt 16,80 Euro pro Stunde, jede Minute Überstunde wird erfasst und ausbezahlt. Die Erzieherin in der Kita unserers Sohnes bekommt weniger und hat eine Abschlossene Ausbildung. Der DHL Bote hat keinen Schulabschluss hat aber trotzdem eine Chance bei DHL bekommen womit er sich und sein Kind selbst ernähren kann.

      • Geschichten aus dem Paulanergarten. Ich stelle mir das gerade vor, wie sich ein DHL Fahrer vorstellt, sagt er hat keinen Schulabschluss und ist im Übrigen extrem für den Job dankbar.

        Man wird übrigens nicht für eine Berufsausbildung irgendwann bezahlt sondern für eine Arbeitsleistung. Ob es dafür eine Berufsausbildung bräuchte ist nur eine Frage der Zugangsvoraussetzungen.
        Es können übrigens sowohl Erzieher und gleichzeitig Paketboten so bezahlt werden, dass sie von Vollzeitjobs bescheidenen Wohlstand haben. Das war früher in der Bundesrepublik möglich, ganz ohne Kommunismus.
        Nur nahmen sich damals Manager (damals Direktoren genannt) nicht heraus sich selbst Millionen aus der Unternehmenskasse zu nehmen usw.
        Die Einkommensspreizung war in der alten Bundesrepublik erheblich geringer, nach unten und nach oben. Es war ein in mancherlei Hinsicht sozial fortschrittlicheres Land. Heute sieht man Armut zB wieder vermehrt an schlechten Zähnen, Zahnlücken. Früher gehörte ein vollständiges, gesundes Gebiss zur Regelleistung der Krankenkasse, da jeder ein Gebiss benötigt, ob er sich horrende Zuzahlungen leisten kann oder nicht. Auch das ganz ohne Kommunismus.

        Sprich, die Probleme gehen weit über Post usw. hinaus. Dieses Land ist seit den 90ern umfassend in die falsche Richtung gelaufen und solange die Menschen diese Zusammenhänge nicht sehen, wenn sie sich über einzelne Folgen davon beklagen, wird’s keine politische Korrektur geben. Es wäre jede Diskussion wert. Es ist kein Naturgesetz, dass die Gesellschaft immer extremer in Arme und Reiche zerfallen muss und sich die Geringverdiener und untere Mittelschicht gegenseitig die Butter nicht auf dem Brot gönnt, statt gemeinsam Schulter an Schulter mehr Umverteilung von Oben nach Unten zu verlangen. Die Oberen haben diese Hemmungen übrigens nicht, die betreiben seit Jahrzehnten selbstbewusst Klassenkampf. Von Oben.

        • PS: die Ironie ist ja irgendwie, dass die Boomergeneration der Generation der eigenen Kinder und Enkel ein Land hinterlassen in dem sie alles beseitigt haben von dem sie selbst, als sie mal jung waren, noch profitiert haben. Obendrauf bekommen wir einen Schuldenberg, dem nur kaputte Infrastruktur gegenüber steht sowie riesiges Anspruchsdenken bezüglich Renten und Pensionen, die wir gefälligst auch zu bedienen haben. Dabei bezahlen nur möglichst hohe Einkommen die dafür nötigen Rentenbeiträge und Steuern. Ob die jeder ist seines Glückes Schmied Mitbürger darauf schon gekommen sind?

          • Sie sollten sich mal zuhören in ihrem eindimensionalen Selbstmitleid.

            Die Boomer waren Jene, die, auf den phantastischen Leistung der Nachkriegsgeneration aufbauend, das Land stark und prosperierend machten. Den Wissenschafts- und Ingenieursstandort „Deutschland“ zementierten.
            Das Erschrecken der Nachwachsenden, dass die tatsächlichen Könner, Macher, Leistungsträger nunmehr aus dem Erwerbsleben ausscheiden spricht dabei Bände.

            Die Politik hingegen, die, darin sind wir uns einig, das Land mit Karacho an die Wand fährt, wird von vielen Faktoren beeinflusst und ausweislich der Alterspyramide haben die Boomer (15 Geburtenjahrgänge von wahlberechtigten ~70 Jahrgängen) nur einen recht begrenzten Einfluss darauf.
            Diese einseitige Schuldzuschreibung ist deshalb nachgerade lächerlich.

            P.S. Gerade heute, in Zeiten des Fachkräftemangels, ist jeder seines Glückes Schmied! Es bedarf dazu natürlich auch heute noch der Bereitschaft zu Qualifikation und Leistung (wiewohl die Anforderungen bereits drastisch sanken).

  4. Am besten für diese Tätigkeiten eine KI benutzen. 🙂

  5. „Deutschland: Ohne den Niedriglohnsektor könnte dieses Land nicht bestehen!“

    • Grossermanitu says:

      Der Niedriglohnsektor hat Probleme „Fachkräfte“ zu bekommen weil die Menschen dorthin gehen wo die Arbeitsbedingungen für ihre Qualifikation und Einkommen am besten sind.
      Das ist der Vorteil der freien Marktwirtschaft

  6. Wo ist das Problem? Jeder ist seines Glückes Schmied!

  7. Wie mag das Bildungsniveau dieser Leute aus dem Niedriglohnsektor aussehen? Und diese bewerten und trainieren dann KI?
    Wenn’s nicht so traurig wäre, könnte man nur noch lachen. DIe Menschheit wird an ihrer eigenen Dummheit zu Grunde gehen, wahrscheinlich schneller, als uns die Klimakrise hinwegraffen würde.

    • In dem Fall dann an Geiz/Gier (passt ja auch gut zu der Hauptursache für Umweltverschmutzung).
      Wie gut die Englischkenntnisse in von nicht-Muttersprachlern sind (wie gut sie also Nuancen von Fragestellung und Antwort überhaupt erfassen können) ist sicher auch noch eine Frage.

  8. Formalqualifikationen, das meint man in der Regel mit Bildungsniveau, korrelieren nur mittelmäßig mit Intelligenz oder Kompetenzen. Genau genommen weiss die Bildungsforschung schon lange, dass unser formales Bildungswesen jene Menschen mit mittelmäßiger Intelligenz und mittelmäßigen Talenten, aber maximaler Angepasstheit am wahrscheinlichsten mit „Bestnoten“ bewertet, umgekehrt aber auch jene mit besonderen Fähigkeiten, aber geringer Angepasstheit, regelrecht ausspuckt.

    Wenn diese Menschen dann von weniger engstirnigen Mitmenschen später trotzdem die Chance erhalten zu zeigen was sie können, dann kann so eine Karriere wie beispielsweise von Steve Jobs entstehen. Häufiger verschwindet so jemand aber einfach bei geringem sozialen Ansehen in einem sogenannten gering qualifizierten Beruf. Ein verschwenderischer Umgang mit Humankapital, der durch dessen Überfluss seit den Baby Boomern erlernt und etabliert wurde.

    Im Grunde wird uns der demografische Wandel einfach zwingen Menschen mehr Chancen zu geben und weniger auf Formalismus und Missgeschicken herum zu reiten. Wenn uns das gelingt und wir dabei durch KI zugleich effizienter werden – KI als Assistenz und Hilfsmittel, nicht als Bedrohung – dann kann das tatsächlich den nächsten großen Sprung in der Produktivität bringen, den wir auch dringend volkswirtschaftlich brauchen um demnächst die Baby Boomer im Ruhestand zu versorgen.

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