BMI fordert weitreichende Identifizierungspflicht für Internetnutzer

Starker Tobak und Wasser auf die Mühlen derjenigen, die mehr staatliche Kontrolle befürchten: Das Bundesinnenministerium (BMI) fordert bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) kurzfristige Änderungen, die weitreichende Folgen für alle Internetnutzer hätten. Denn gefordert wird eine Identifizierungspflicht für Messenger, Audio- und Videochats sowie sogar die E-Mail-Kommunikation.

Man spreche da laut Posteo von einer nummernunabhängigen Identifizierung für interpersonellen TK-Dienste. Das wird ziemlich konkret: Im Grunde fordert das BMI, dass deutsche Bürger ihren Namen, die Anschrift sowie ihr Geburtsdatum zwingend bei den Anbietern hinterlegen. Damit Schindluder unterbunden wird, müssten die Anbieter wiederum die Angaben verifizieren – über sichere Ident-Verfahren oder den Personalausweis. Nun kommt, was kommen muss: Die Anbieter, das wären z. B. auch WhatsApp, Telegram oder Apple mit iMessage, sollen verpflichtet werden, die erhobenen Daten „im Einzelfall den Sicherheitsbehörden zur Verfügung zu stellen“.

Die Daten sollten dann zum Zweck einer möglichen Strafverfolgung flächendeckend gespeichert werden. Zack, da wären wir eben wieder bei einer Personen-Vorratsdatenspeicherung. Frühere Versionen des Entwurfs sollen auch eine Entschlüsselungspflicht für Anbieter enthalten haben. Jene sei aber mittlerweile wieder entfernt worden. Laut Posteo versuche das BMI aktuell seine Forderungen noch durchzuboxen. Eine öffentliche Diskussion ist offenbar nicht gewünscht. Dabei wären die Konsequenzen natürlich weitreichend. Denn jeder deutsche Nutzer von Plattformen wie WhatsApp und Co. müsste sehr persönliche Daten hinterlegen. Was mit jenen dann geschieht, wäre kaum von außen nachvollziehbar.

Sollten die Forderungen umgesetzt wären, wäre kaum noch eine anonyme Kommunikation möglich, was auch die Arbeit von Journalisten erheblich erschweren dürfte. Für Whistleblower wäre das Ganze ebenfalls eine erhebliche Abschreckung. Wiederum würden jegliche Kommunikationsangebote nochmals deutlich attraktiver für Hacker. Auch würde eine Umsetzung der Forderung Deutschland als Technologiestandort deutlich unattraktiver machen. Viele ausländische Angebote dürften zudem wohl damit reagieren deutsche Nutzer einfach auszusperren, um nicht in rechtliche Schwierigkeiten zu geraten.

Erwähnt sei: Es fällt leicht sich über diese Forderung aufzuregen, das Risiko, dass sie umgesetzt wird, dürfte aber glücklicherweise gering sein. Da dürfte es seitens der EU Einwände geben und auch Datenschützer würden wohl Sturm laufen. Bei Posteo vermutet man daher, dass dieser „Hammer“ vielleicht nur von anderen, kleineren Forderungen ablenken soll. Denn da gibt es auch andere Punkte, die sehr kontrovers sind. Etwa will man die Definition von „Bestands- und Verkehrsdaten“ erweitern. Selbiges gilt auch für den bereits vagen Begriff der „Mitwirkenden“ an Telekommunikationsdiensten. Beispielsweise will man auch Internetcafés, Krankenhäuser oder Hotels, die Zugänge bereitstellen, als „Mitwirkende“ betrachten und sie so verpflichten Daten zu speichern, sollten Sicherheitsbehörden Bedürfnisse entwickeln.

Im Wesentlichen will man also verankern, dass möglichst jeder Daten für Sicherheitsbehörden erheben und speichern soll, der nur in irgendeiner Weise Telekommunikationsdienste für Dritte bereithält. Es scheint der Versuch stattzufinden, für die Strafverfolgungsbehörden möglichst viele Daten zu sichern und die Vorgaben der DSGVO möglichst zu umschiffen. Der Unterschied wäre eben, dass Anbieter nicht mehr nur Daten erheben dürfen / sollen, die für ihren Betrieb unbedingt notwendig sind, sondern auch zusätzliche Daten für die potenzielle Strafverfolgung.

Problem: Das öffnet auch dem Missbrauch Tür und Tor, denn was hinter verschlossenen Türen mit den Daten geschieht, ist für Außenstehende dann nicht mehr nachvollziehbar. Wie gesagt, erinnere ich aber: Das alles sind Forderungen des BMIs. Es ist schlimm genug, dass überhaupt solche Verfahrensweisen nassforsch gefordert werden, die gesetzlich kaum haltbar sein dürften. Aber am Ende handelt es sich eben „nur“ um ein Forderungspapier, das nur die Begierden des BMIs widerspiegelt. Ob und welche Teile der Forderungen am Ende umgesetzt werden, ist offen.

Wer nun in Leselaune ist: Die Kollegen von Posteo haben die Forderungen des BMIs für die TKG-Novelle auch hier als PDF hochgeladen.

Gefällt dir der Artikel? Dann teile ihn mit deinen Freunden.

Avatar-Foto

Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

Neueste Beiträge

Mit dem Absenden eines Kommentars stimmst du unserer Datenschutzerklärung und der Speicherung von dir angegebener, personenbezogener Daten zu.

52 Kommentare

  1. Könnt ihr mir mal verraten warum zur Hölle meine Kommentare nicht veröffentlicht werden aber so dummes Zeug wie von Kasupke?
    Was soll das?

Es werden alle Kommentare moderiert. Lies auch bitte unsere Kommentarregeln:

Für eine offene Diskussion behalten wir uns vor, jeden Kommentar zu löschen, der nicht direkt auf das Thema abzielt oder nur den Zweck hat, Leser oder Autoren herabzuwürdigen. Wir möchten, dass respektvoll miteinander kommuniziert wird, so als ob die Diskussion mit real anwesenden Personen geführt wird. Dies machen wir für den Großteil unserer Leser, der sachlich und konstruktiv über ein Thema sprechen möchte - gerne auch mit Humor. In jedes Thema Politik einbringen ist nicht erwünscht.

Du willst nichts verpassen?

Du hast die Möglichkeit, den Feed dieses Beitrags zu abonnieren. Wer natürlich alles lesen möchte, der sollte den Hauptfeed abonnieren.