Sittenstrolche aufgepasst: Facebook scannt eure Chats

Manchmal geht man in so einen Artikel rein und kann die Reaktionen von euch schon ein wenig erahnen. Bei dem Beitrag zur Facebook-Bank war es zum Beispiel so. Da weiß man im Vorfeld, dass sich die meisten nicht damit anfreunden können, Bank-Daten über Facebook zu verwenden.

So ähnlich eindeutig stelle ich mir das jetzt vor, wenn ich heute darüber schreibe, dass die Chats und Nachrichten auf Facebook auf kriminelle Machenschaften überprüft werden. Facebook bestätigte gegenüber Reuters, dass das Unternehmen tatsächlich so vorgeht und ich wette, dass es bei einem Großteil der Nutzer keinen Beifall finden wird.

In der Tat sitzen da nun keine Facebook-Mitarbeiter und lesen unsere Chats, sondern lassen die Unterhaltungen eher automatisiert scannen, um beispielsweise Triebtätern auf die Spur zu kommen. Dabei nutzt man verschiedene Parameter wie den Ort und Altersunterschied der sich unterhaltenden Personen, achtet darauf, dass diese Leute keine gemeinsamen Freunde haben und sich erst kurz kennen.

Anhand von Chat-Protokollen bereits dingfest gemachter Krimineller scannt man die Chats auf bestimmte Formulierungen, die auf das Anbahnen einer Straftat hinweisen. Im konkreten Beispiel wollte sich ein 30-jähriger Mann in Florida mit einem 13-jährigen Mädchen treffen. Es wurde über Sex geredet, die Unterhaltung wurde als gefährlich eingestuft und das ist dann der Punkt, an dem dann tatsächlich ein Facebook-Mitarbeiter auf den Chat schaut. In diesem Fall hat er die Polizei eingeschaltet, die kurzerhand den Rechner des Mädchens kaperten und den Mann verhaften konnten.

Das ist ein Einzelfall, der belegen soll, dass das System funktioniert. Wenn dadurch eine sexuelle Straftat oder gar Schlimmeres verhindert werden konnte, hat man vermutlich auch wenig Gegenargumente. Ein wenig Bauchschmerzen bereitet mir die Geschichte dennoch, kann ich ja schließlich nicht von außen nachvollziehen, wie diese automatisierten Vorgänge ablaufen, wann ein Facebook-Mitarbeiter meinen Chat zu sehen bekommt – und wie sicher es ist, dass aus dem Dialog auch die richtigen Schlüsse gezogen werden.

Gerade bei Mädels sehe ich es sehr oft, dass überhaupt kein Geburtsjahr angegeben ist, auf der anderen Seite kenne ich aber auch genügend Menschen, die nicht die richtigen Daten angeben. Wenn ich nun eine alte Freundin bei Facebook wiederfinde, die es witzig findet, sich dort als 15-jähriges Mädchen auszugeben, sollte ich also vermutlich davon absehen, mich mit ihr zu verabreden, damit man mir zu Hause nicht die Tür eintritt.

Ich lebe den ganzen Post-Privacy-Gedanken ja durchaus und weder meine öffentlichen Statusmeldungen noch privaten Chats sind irgendwas, was mir Kopfschmerzen bereitet. Dennoch bleibt ein unwohles Gefühl zurück bei dem Gedanken, dass die Unterhaltungen gescannt, gelesen und mitunter falsch gedeutet werden könnten.Ich halte Facebook für ein tolles Netzwerk – aber eben nicht für die Weltpolizei. Was sind eure Meinungen dazu? Ist es legitim, weil dadurch womöglich Straftaten verhindert werden? Oder eher ein Grund, Facebook gegenüber noch ein wenig wachsamer zu sein?

Quelle: ZDNet

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Der Gastautor ist ein toller Autor. Denn er ist das Alter Ego derjenigen, die hier ab und zu für frischen Wind sorgen. Unregelmäßig, oftmals nur 1x. Der Gastautor eben.

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40 Kommentare

  1. Nicht alles, was offensichtlich klar ist/scheint, ist auch wirklich so.

    Ein Beispiel von Udo Vetter vom lawblog

    http://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/07/10/ein-junkie-ganz-klar/

  2. Ich führe schon länger keine privaten Unterhaltungen mehr über Facebook, sondern bitte mir per Mail zu schreiben.

    Während ich bei Facebook-Posts nur das veröffentliche was auch in einer Zeitung stehen könnte, werde ich bei PNs quasi durch die Unterhaltung gezwungen mehr von mir preiszugeben, als ich eigentlich einem einzelnen Unternehmen preisgeben möchste.

    Da ist mir die dezentrale Steuung per Mail lieber, auch wenn Anbieter meines Gegenüber wie GMail ebenfalls die Mails scannen ….

  3. Sebastian says:

    ach drum kommen sätze wie „boa, scheiß facebook regt mich scho wieder auf. nur am rumzicken der mist“ im chat nie an?^^

  4. Und warum denn nicht auch auf andere mögliche Straftaten ausdehnen?
    Drogen, Stuerhinterziehung, Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen um mal einige zu nennen.

    Oder häusliche Gewalt…. Braucht ja nur Frau-A ihrer Freundin via Facebook zu schreiben/chatten das ihr Mann wieder ausgerastet ist. Swupps Meldung an die Polizei…..

    Ach da gibt es so tolle Möglichkeiten die die Welt wieder besser machen.

    So langsam müsste der Friedrich mal der Aigner erklären das sie den ganzen Datenschutzquatsch bei FB sein lassen soll. Ist doch besser für alle!

    P.S.: Für Ironie siehe Wikipedia…..

  5. So sehr es notwendig ist, die Freiheit im Netz zu schützen, so sehr muss man sich auch gedanken darüber machen, wie Straftäter ausfindig gemacht werden können, die sich der Tools im Netz bedienen um leichter an Opfer zu kommen oder mit weniger Risiko vorzugehen. Bauchschmerzen sollte einem vielleicht bereiten, dass es keine Regelungen gibt, die den Bürger wieder vor der missbräuchlichen Nutzung dieser Überwchung schützt. Wer verhindert, dass Facebook die selbe Technik nutzt um besser verwertbare nutzerdaten zu bekommen? Nach welchen Gesetzen ist die Datenweitergabe von Facebook an staatliche behörden geregelt. Für deutsche Verhältnisse ist das in der Tat ganz schön happig. Facebook macht sich somit zum Hilfs-Sherif in Sachen großer Lauschangriff. Und doch: ist Facebook nicht verantwortlich dafür, seine nutzer vor kriminellen Missbrauch der platform zu schützen?

    michael

  6. Grundsätzlich kann man ein solches System begrüßen. Was mich aber bedenklich stimmt, ist die Tatsache, dass ein solches System auch leicht missbraucht werden kann. So könnte Facebook auch gezielt nach anderen Daten suchen, wie z.B. Kontostand, Adressen, Telefonnummern, um so das Profil jedes Nutzers noch mehr zu personalisieren.

  7. „ist Facebook nicht verantwortlich dafür, seine nutzer vor kriminellen Missbrauch der platform zu schützen?“

    Ehrlich gesagt: Facebook sollte erst ab 16 Jahren freigeben werden.

    Unabhängig von der Thematik hier: Mit 13 Jahren fehlt es einfach an der Kompetenz, mit dem Medium Internet so sorgfältig umzugehen um zu Überblicken welche Auswirkungen Texte und Bilder später mal haben können.

    Das Internet vergisst so schnell nicht. Und Cyber-Mobbing ist auch mehr ein Problem in dieser Altersgruppe ….

  8. Es ist immer sehr amüsant, wenn sich die gmailnutzende Klientel über Datenschutz auslässt. Einfach nur lächerlich …

  9. @Andreas: Wo hat denn sich hier jemand als GMail-User geoutet?

  10. Hmm, es ist nicht erlaubt die Nachbarn eines Kinderschänders darüber zu informieren daß nun ein Kinderschänder in der Nähe wohnt und so Eltern vorsichtiger werden lassen, aber es ist erlaubt alle Menschen unter einen Pauschalverdacht zu stellen. Seltsame Welt. Für mich ist das der erste Schritt zur Selbstjustiz was FB macht. Würden sie automatisiert kontrollieren und dann, sollten die Alarmglocken läuten direkt Polizei und Richter kontaktieren, letzterer der Polizei die Ermächtigung geben den Chat manuell zu sichten, dann könnte man darüber diskutieren. Daß aber ein FB-Mitarbeiter zuerst manuell prüft ist für mich ein Eingriff in die Privatssphäre durch eine nicht authorisierte Person ohne richterliche Genehmigung.

  11. @Fraggle: In den USA schon.
    Da gibt die Behörde selber qusi ein Google-Maps der Sexualstraftäter raus … Online Pranger, ein paar CDU Politiker wollten das doch auch mal einführen?

  12. langsam reichts says:

    In Deutschland wäre das meinen Wissen nach sogar illegal, was Facebook da betreibt.

    Ohne richterlichen Beschluss dürfen Ermittlungsbehörden solche Daten nicht auswerten und sollte Facebook dieser Daten unaufgefordert an Behörden herantragen, da würde sich meiner Meinung nach sogar strafbar machen.

    Man sollte Facebook mal klar sagen : Facebook hat keine polizeilichen Befügnisse und Aufgaben.

    Ist als ob man in einem Cafe sitzt und der Wirt erstmal per Wanze 5min der Unteraltung mithört, um sicherzugehen, dass sich heir auch ja keine Straftat anbahnt. Falls doch würde er direkt alles mitschneiden und an die nächste Polzeistelle weitergeben.

  13. Kurz vorweg: Es ist egal, ob man GMail oder einen anderen Anbieter nutzt, solange man keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einsetzt. Ihr gebt eure Mails sonst halt im Klartext an ein Unternehmen weiter, und ihr wisst nicht, was die damit machen, egal ob jetzt Google, Microsoft oder die Telekom.

    Die Praxis von Facebook ist jedoch inakzeptabel. Sicherlich müssen Straftaten verfolgt werden, aber gerade in dem Triebtäter-Beispiel würde Aufklärung helfen, also die Opfer mündiger zu machen und nicht zu entmündigen. Ich will weder einen über-protektiven Staat noch Unternehmen, die sich zu Hilfssheriffs aufschwingen. Die Technik könnte ja auch dazu genutzt werden, Regierungskritiker zu identifizieren.

  14. Ich frage mich ehrlich gesagt, ob Google / Google+ das auch so macht, oder machen wird und es bis jetzt nur noch nicht bekannt (gegeben) wurde!?

  15. Facebook betreibt den Service, ist also auch für die Sicherheit verantwortlich.
    Manche scheinen da was zu verwechseln… FB ist kein öffentliches Forum (im klassischen Sinn), sondern ein von einem Unternehmen bereitgestellter komerzieller Dienst. Sie wären dämlich, da nicht die volle Kontrolle behalten zu wollen…

  16. in stark dafür die angelegenheit auf konventionelle (real life) situation zu übertragen, da die die sitten und problemlösungen einfach ausgereifter sind als in 20 jahren netzkultur sie sich entwickeln können.

    Facebook soll wie ein Wirt nicht unter der theke mitschneiden und auswerten, sondern wenn jemand sich lasziv pedofil verhält ihn und andere ansprechen oder mit der polizei ein gespräch aufnehmen, wenn keine verhaltensänderung erfolgt.

    bspl dabei sollte FB automatisiert, sobald jemand anonym zu profilen von 13 jährigen kontakt aufnehmen, in welcher beziehung er zu der jenige/n steht.

    es muss weiterhin möglich sein wistleblowing betreiben zu können, indem man anonym in facebook gruppen komentare hinterlässt.

  17. Christoph says:

    Ich finde die Nachrichten, die in den letzten Tagen so zum Thema Datenschutz herauskommen sehr beunruhigend. Auf der einen Seite bin ich ein Facebook Verfechter, weil ich die Tools die das Netzwerk anbietet sehr praktisch finde, auf der anderen Seite kommen in den letzten Tagen Dinge ans Licht (wie die Klarnamenpflicht oder auch der Chatscan), die mich durchaus aufhorchen lassen. Ich wünschte mir, dass sich tatsächlich mal eine brauchbare datenschutzfreundliche Facebook Alternative findet. Dass Google+ das sein soll kann ich mir irgendwie noch nicht so recht vorstellen. Diaspora taugt auch nicht dazu, da es zu wenig bietet und für viele Nutzer einfach zu kompliziert ist. Es wäre schön, wenn sich da etwas findet.

  18. ich habe eben (noch vor diesem artikel) beschlossen, meine privaten aktivitäten (account ohne klarnamen) versehen zu beenden.
    diese „verpetzen“ geht mir so auf meine angeschwollenen **** das ich dieses kindergartenverhalten von facebook nicht mehr ertragen kann.
    social netzwerken sollte spaß machen. macht es aber nicht mehr.

  19. Die ganze Datenschutzsache im Netz wird langsam echt kritisch. Ich kann mir auch vorstellen, das sowas regelmäßig gegen den Baum laufen kann und unschuldige Menschen vor ihren Nachbarn verhaftet werden. Dann ist auch der Ruf ruiniert

  20. Paul Peter says:

    überrascht es wirklich hier jemand, dass der Chat gescannt wird? mich nicht.

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