„Peeple“: Kontroverse App erlaubt Bewertung von Menschen

peeple logo„I am not a number, I am a free man!“, schrie Nummer 6 in der gleichnamigen Serie, die im Original „The Prisoner“ betitelt ist. Die Serie ist heute aktueller denn je, enthält sie doch extreme Kritik an staatlicher Überwachung aber auch unreflektierten, gesellschaftlichen Konventionen und Zwängen. Agent Nummer 6 wäre wohl auch über die neue App „Peeple“ entsetzt: Die App versucht in der Tat aus Menschen Nummern zu machen – und zwar durch ein Bewertungssystem. Diese Woche ist die App in den USA offiziell an den Start gegangen. Die Kernfunktion besteht darin, Bekannte, Nachbarn und Exfreunde als Menschen in eine Bewertung zu quetschen.

Als das Konzept der App im Oktober 2015 offen gelegt wurde, hagelte es flugs harsche Kritik. Ironischerweise entzogen sich die Macherinnen dem, indem sie ihr Twitter-Konto vorübergehend auf „privat“ setzten. Wo sie also der Meinung sind, andere Menschen sollten sich öffentlich bewerten lassen, wollten sie sich selbst weniger offen Rückmeldungen stellen. Generell wirkt das Verhalten der Peeple-Gründerinnen Julia Cordray und Nicole McCullough reichlich naiv. Sie beharren darauf, Peeple sei „eine positive App für positive Menschen“. In Blog Posts feierten sie das eigene Projekt als „mutig“ ab. Der Spott war nicht weit und viele Nutzer merkten an, dass man sich vermutlich nicht wundern sollte, dass zwei weiße, nach konventionellen Maßstäben attraktive Frauen aus guten Verhältnissen, das Missbrauchspotentiall der App verkennen.

peeple

In den USA steht Peeple mittlerweile für iOS-Geräte zur Verfügung. Menschen lassen sich in der App in drei Kategorien bewerten: „persönlich“, „beruflich“ und „romantisch“. Laut den Gründerinnen solle Peeple erlauben besser einzuschätzen „welche Person man einstellt, zum Date einlädt oder als Nachbarn, Vermieter oder Mitbewohner haben möchte„. Dass die Idee jede Person in einen Zahlenwert zu quetschen nicht überall auf Gegenliebe stößt, ist logisch. Zwar lassen sich unliebsame Bewertungen über die eigene Person bei Peeple verstecken bzw. gar nicht erst genehmigen, doch es gibt bereits einen fast schon perfiden Weg das zu umgehen. Denn im April erscheint eine „Wahrheits-Lizenz“: Wer sich für jene kostenpflichtig registriert, sieht auch durch die Bewerteten abgelehnte bzw. verborgene Reviews.

Zwar gibt es Sicherheitsmechanismen, die Beleidigungen und unsinnige Bewertungen verhindern sollen, besonders sinnvoll wirken sie aber nicht: Jeder Nutzer soll seinen echten Namen einsetzen. Das hindert aber auch auf Facebook niemanden doch Fantasienamen einzuspannen oder mit Beleidigungen um sich zu werfen. Man muss allerdings bei Peeple die Handy-Nummer der anderen Person kennen, um sie bewerten zu können. Zudem müssen potentielle Nutzer mindestens 21 Jahre alt sein und bereits 6 Monate lang ein Facebook-Konto betreiben. Natürlich dämmt das die Missbrauchsgefahren ein, hindert aber dennoch niemanden ein flüchtiges Date aus Wut über einen ausgebliebenen Rückruf mies zu bewerten.

Umstritten ist auch Peeples Slogan „Dein Charakter ist deine Währung“, der viel Kritik geerntet hat. Trotzdem ist die finale Version von Peeple nun deutlich harmloser als das, was noch ursprünglich im Oktober 2015 angekündigt wurde. Offenbar hatte der Shitstorm in den sozialen Netzwerken den Gründerinnen  Cordray und McCullough dann doch zu denken gegeben. Peeple wird es zunächst nur in den USA geben und dort auch nur für Apple iOS. Eine Version für Android soll folgen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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31 Kommentare

  1. Henry Jones jr. says:

    Habe ich es richtig verstanden, dass dort nur Leute bewertet werden können, die dort auch angemeldet sind?
    Falls ja, finde ich diese App und alle die sich dort anmelden „nur“ reichlich dämlich, aber dann sollen die halt machen.
    Falls tatsächlich auch Leute bewertet werden, die nicht angemeldet sind, wäre es ein Megaskandal.

  2. Henry Jones jr. says:

    PS: Danke André für den ausführlichen und kritischen Hintergrund

  3. schön geschrieben Andre

  4. Es ist komisch, dass die Menschen immer Angst vor der Wahrheit haben. Hoffentlich kommen Einige ins Grübeln, wenn sie statt sozialkompatibler Schwindelei mal die reale Sicht der Anderen präsentiert bekommen.

  5. Klinkt nach Meow Meow Beenz 😀

  6. Henry Jones jr. says:

    @Martin: Bist du sicher, dass der Begriff Wahrheit hier treffend ist. Diesen Begriff sollte man nicht leichtfertig benutzen

  7. Die Wahrheit ist in diesem Fall subjektiv, denn es handelt sich um subjektive Einschätzungen. Deshalb sind sie aber nicht weniger wert.

    @Rogge: Ich würde vermutlich versuchen, weniger zu arbeiten und mal wieder mehr Sex zu haben. Das ist doch ein guter Anreiz in die richtige Richtung.

  8. @Henry letzteres scheint der Fall zu sein, wenn man einem Buzzfeed Artikel auf ihrer Facebook Seite Glauben schenken darf. Jeder der die Truth License abonniert, kann ALLES was auf der Plattform gepostet wird sehen, auch wenn die Zielperson dort keinen Account hat. Und zur Kommentierung eines Menschen ist nur deine Handnummer und dein Name notwendig. Schöne neue Welt. Ja die Anspielung auf ein gewisses Buch ist volle Absicht.
    An Andre: sorry nochmal für den Offtopic Post in den DB Artikel aber das ist so ein wichtiges Thema das wollte ich euch nicht vorenthalten.

  9. Henry Jones jr. says:

    @Kevin S.: Danke. Fällt mir irgendwie schwer, zu glauben, dass das rechtens sein kann. Wäre auf jeden skandalös. Sofern man Handynummer + voller Name braucht, muss dass ja aber von der Person auch abgesegnet sein. Sonst wäre es ja sinnlos die Handynummer zu kennen, oder?

  10. Mal eine Frage, wie bekomm ich raus das ich Bewertet wurde aber ich nicht dort angemeldet bin?
    Kann ich mich auf eine Blacklist setzten lassen, ansonsten sofort verklagen, kein Mitleid für so einen Mist.
    Das ist neue schlimme Virtuelle Seuche.
    Sowas muss sofort Verboten werden.

  11. @Dirk K. Du sollst eine SMS bekommen wenn du bewertet wurdest. Und nein eine Blacklist ist (absichtlich) nicht vorgesehen. Sonst wäre es ja nicht eine Bewertungsplattform für alle Menschen. Quelle: Interview mit einer der beiden. Die sind immer noch der Meinung das ihre App Idee Super ist und sie finden das die Kritik absolut ungerechtfertigt ist und war. Zitat: „Was there ever a moment where you thought, maybe these people are right, maybe my idea isn’t so good? Did you ever doubt yourself? “
    No.

  12. @Henry Danke, das wäre auf jeden Fall sehr positiv wenn das tatsächlich der Fall sein sollte. Falls nicht wäre es aber wie bereits erwähnt ein echter Skandal. Zuzutrauen wäre es den beiden das sie es doch machen, dass man jeden Bewerten kann. Siehe mein Zitat aus dem Interview oben.

  13. „dass man sich vermutlich nicht wundern sollte, dass zwei weiße, nach konventionellen Maßstäben attraktive Frauen aus guten Verhältnissen, das Missbrauchspotentiall der App verkennen“

    Sorry. Das ist antiweisser Rassismus in Reinkultur. Als ob Schwarze, Asiaten oder Araber nicht weniger rassistisch wären. Das die, die am lautesten Gröllen ich bin der Antirassist mittlerweile selber die besten Vertreter dessen sind, fällt kaum noch auf.

  14. Henry Jones jr. says:

    @Linet: Kritik an diesem Zitat ist sicherlich diskutabel.
    Aber wie kommst du da auf die Rassismusschiene gegen Weiße? André meinte damit sicherlich, dass die beiden Mädels äußerst naiv sind aber was hat das mit Rassismus zu tun?

  15. Natürlich geht es den Macherinnen nur ums Geld. Und natürlich sind diese sich der Tragweite vollkommen bewusst. Meine persönliche Meinung zu dem Thema: Wer sich da anmeldet ist es selber Schuld. Allerdings sehe ich da durchaus Probleme bei der Jugend, da kann sowas sehr schnell zu einem Selbstläufer mit einer gewissen Gruppendynamik und Gruppenzwang werden der Mobbing Tür und Tor öffnet. Aber ich bezweifele sowieso ganz stark, dass ein solches Angebot hier rechtlich auch nur den Hauch einer Chance hätte.

  16. Henry Jones jr. says:

    @Linet: Tut mir leid, aber was du hier teilweise schreibst geht echt nicht. Beschuldigst den Autor mit Rassismusvorwürfen, weil du den Inhalt nicht verstanden hast. Schreibst dann selber:
    „Das die, die am lautesten Gröllen ich bin der Antirassist mittlerweile selber die besten Vertreter dessen sind, fällt kaum noch auf.“
    Ist das nicht rassistisch? Oder ist das nicht so schlimm, weil das nicht gegen Weiße geht?

    Frauen scheinst du ja auch nicht so zu mögen:

    „Schön das die Genderpropaganda-Shyce jetzt auch die Ghostbusters vollsudeln darf.“
    (siehe http://stadt-bremerhaven.de/ghostbusters-offizieller-trailer-veroeffentlicht/)

    Wo ist denn dein Problem?

  17. Henry Jones jr. says:

    Okay, hab den Text ein zweites Mal gelesen: Das der von Vorwurf von @Linet (wie ich schrieb) gegen André (wie ich es schrieb), ist ein Fehler von mir. Das ging wohl nicht gegen André sondern gegen „Nutzer“, die André erwähnt hat. Auch wenn das an der eigentlichen Sache nichts ändert…

  18. Henry Jones jr. says:

    Wo ist die Editierfunktion, wenn man sie braucht? Hier nochmal verständlich:

    Okay, hab den Text ein zweites Mal gelesen: Das der Vorwurf von @Linet gegen André war(wie ich es schrieb), ist natürlich ein Fehler von mir. Das ging wohl nicht gegen André sondern gegen die „Nutzer“, die André erwähnt hat. Auch wenn das an der eigentlichen Sache nichts ändert…

    Sorry für den Doppelpost.

  19. Wenn man sieht, wie Professoren meinprof niedergeklagt haben, obwohl ich das sachlich für vollkommen legitim halte, dann werden die sich in Deutschland eh am Datenschutz die Zähne ausbeißen. In diesem Fall wohl auch zu Recht.

  20. „The company also said it made several changes in light of those concerns, including giving users full control over what goes on their profile, offering the ability to deactivate their profile and more. The company noted, too, that “no one can add you to the app” — making it sound as if being reviewed on Peeple is an opt-in experience.

    That’s not entirely true, however.

    Peeple’s own website says you can still write “recommendations” (i.e. reviews, but not necessarily positive ones) for anyone who’s not on the app, then choose to invite that person to join Peeple.

    In other words, even if you’re not participating, someone could write your review. Sure, that review might not be public, but it exists in a digital format on the company’s servers.“

    http://techcrunch.com/2016/03/08/controversial-people-rating-app-peeple-goes-live-has-a-plan-to-profit-from-users-negative-reviews/

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