EuGH: Verkauf von Mediaplayern für „illegales Streaming“ nicht erlaubt und auch Nutzer sollten aufpassen

Interessante Berichterstattung findet man derzeit im Netz zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Zahlreiche Berichte drehen sich um die Aussage, dass das Urteil aussagt, dass Streaming von Kinofilme etc. aus Quellen wie kinox und Co unter Umständen illegal sei. Viele Nutzer und Juristen reden sich diesen Bereich ja immer schön, bzw. grau. Schließlich handelt es sich bei dieser Art des Konsums nicht um das klassische Filesharing oder Herunterladen. Runterladen oder Verteilen wird anders bewertet. Kennt man sicherlich aus den Geschichten rund um Kino.irgendwas – hier wurden meines Wissens die Benutzer nicht zur Verantwortung gezogen.

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In erster Linie dreht sich aber das Urteil (dazugehörige Pressemitteilung) um etwas völlig anderes. Es geht um eine Multimediabox namens „filmspeler“. Hierbei handelt es sich um einen Multimedia-Abspieler, der mit einer Open Source-Software für die Oberfläche nebst Plugins für das Anschauen urheberrechtlich geschützten Materials ausgestattet ist. Stellt euch ein Kodi mit entsprechenden Plugins vor – oder auch Lösungen, mit denen man aktuelle Serien und Filme direkt von einem Raspberry Pi streamen kann.

Aus dem Urteil

Laut der Werbung kann mit dem multimedialen Medienabspieler kostenlos und einfach auf einem Fernsehbildschirm insbesondere Bild- und Tonmaterial angesehen werden, das ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber im Internet zugänglich ist.

Lange Geschichte kurz: Gegen diesen Player wurde vorgegangen. Man legte es so aus, dass der Player gegen niederländisches Recht verstoße, nämlich eine „öffentliche Wiedergabe“ von urheberrechtlich geschütztem Material ausübt. So eine Box darf also nicht verkauft werden. Wer unser Blog liest, der weiss ja, warum die beliebte Software Kodi so einen schlechten Ruf hat, leider. Das Urteil richtet sich nicht nur explizit gegen „filmspeler“, sondern gegen alle Lösungen dieser Art.

Aus dem Urteil

Er weist insoweit auf seine Rechtsprechung hin, wonach das Hauptziel der Richtlinie darin besteht, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen. Daher ist der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ weit zu verstehen. So hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass in Fällen, in denen auf einer Internetseite anklickbare Links zu geschützten Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Seite ohne Zugangsbeschränkung veröffentlicht sind, den Nutzern der erstgenannten Seite ein direkter Zugang zu diesen Werken geboten wird. Das Gleiche gilt für den Fall des Verkaufs des in Rede stehenden multimedialen Medienabspielers.

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Wenn Anbieter XYZ dir ne Box mit Kodi andrehen will, nebst entsprechenden Plugins – weisste Bescheid…

Um den Bogen zu schlagen: Bisher waren viele „fein raus“, da viele Methoden des Konsumierens nicht unter das Vervielfältigungsrecht fielen. Dies erklärt das Urteil wie folgt: Eine Vervielfältigungshandlung wird vom Vervielfältigungsrecht nur ausgenommen, wenn sie folgende fünf Voraussetzungen erfüllt:

Voraussetzungen

(1) die Handlung ist vorübergehend;

(2) sie ist flüchtig oder begleitend;

(3) sie stellt einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens dar;

(4) alleiniger Zweck dieses Verfahrens ist es, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines geschützten Werks oder eines Schutzobjekts zu ermöglichen, und

(5) diese Handlung hat keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung. Diese Voraussetzungen sind
insoweit kumulativ, als die Nichterfüllung einer einzigen Voraussetzung zur Folge hat, dass die
Vervielfältigungshandlung nicht vom Vervielfältigungsrecht ausgenommen ist.

Abzuwarten bleibt sicherlich, wie die Rechtsprechung gegen entsprechende Webseiten und ihre Nutzer in Zukunft vorgeht.

Das Urteil lässt zwar viel Raum für Spekulation, letzten Endes findet sich aber keine Aussage, dass die Nutzer dieser Webseiten nun dran sind.

Wer konsumiert, der macht vielleicht etwas illegales, was zivilrechtlich nicht zulässig ist und daher Schadensersatz auslösen kann.

Hierfür müssten die Behörden aber die Server hochnehmen und entsprechend Zugriff auf die IP-Adressen bekommen. Dann müsste der Anschlussinhaber herausgefunden werden, der sicherlich auch nur eine verhältnismäßig Strafe zu befürchten hätte…

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13 Kommentare

  1. Könnte das selbst für Mediathek View und Co gelten? Oder greift man dort nur sowieso zugängliche Daten ab?

  2. @Lurzt: Gilt nicht für diese.

  3. Es ist einfach illegal und fertig! Nur weil es bisher noch kein entsprechendes Urteil gab ist es deswegen nicht legal aktuelle Kinofilme usw. per Stream zu sehen. Geht ins Kino wenn ihr aktuelle Filme sehen wollt! Wenn jemand erwischt wird ist das geheul dann groß, selber Schuld.

  4. „… dass Streaming von Kinofilme etc. aus Quellen wie kinox und Co unter Umständen illegal sei.“ – Wie man ernsthaft auch nur im Ansatz auf die Idee kommen kann, dass das nicht illegal sei, wird sich mir wohl nie erschließen.

  5. Für Verbraucher wird sich nichts ändern, denn eine solche Rechtsauffassung zum Streaming taugt nicht für das Geschäft der Massenabmahner wie etwa beim Filesharing – weder in technischer noch in prozessökonomischer Hinsicht.

    Beim Filesharing wird dem Nutzer weniger der eigenmächtige Genuss des Werks als vielmehr die Tatsache vorgeworfen, dass er das Werk während des Downloads von einer Tauschbörse automatisch selbst zum Abruf bereitstellt. Diesen Eingriff in das Urheberrecht kann man mit mehr oder weniger verlässlichen Methoden auch elegant nachweisen. Wie jedoch ein Abmahner (der nicht gerade selbst illegalen Content anbietet) gerichtsverwertbar an eine IP-Nummer von Nutzern herankommen sollte, wäre unerfindlich.

    Aber selbst wenn der Nachweis gelänge (etwa durch Verpetzen), wäre das Geschäft für Abmahner uninteressant. Während beim Filesharing der Schaden darin gesehen wird, dass sich der einzelne Filesharer quasi Senderechte anmaßt und daher schnell vierstellig werden kann, erschöpft sich der Lizenzschaden durch Betrachten eines illegalen Angebots in der Ersparnis eines legalen Angebots.

  6. Nutzer müssen nicht aufpassen. Bis auf eine Ausnahme und die gab es vorher schon: Streaming-Angebote wie Popcorntime, die beim Konsum auf P2P setzen, laden den Inhalt zusätzlich mit hoch und werden immer noch gerne abgemahnt. Alles andere ist praktisch und „nahezu“ sicher. Potentielle Ausnahmen sind nicht der Rede wert.

  7. Ich sehe es wie goo, die Abmahner machen sich bereits mit den unbedarften Usern die Taschen voll und wissen genau, dass es unmöglich wäre, alle Streaming-Nutzer zu belangen.

    Und an die „Basta-Fraktion“, die sich hier ja auch zu Wort gemeldet hat: nein, es ist momentan (!) eben nicht illegal, Filme auch aus rechtswidrigen Quellen zu streamen, das hat sich durch dieses Urteil nicht geändert, macht euch bitte bei seriösen Quellen schlau, wie hier: http://www.urheberrecht.de/streaming/#Zusammenfassung-FAQ-zum-Streaming

    Trennt bitte die Moral und die rechtliche Situation; ich nutze auch keine illegalen Streaming-Sites und würde auch niemandem raten, dies zu tun, die Kollateral-Risiken sind enorm, was z.B. das Einfangen von Malware angeht.

  8. Kann es sein, dass auf diesem Mediaplayer die illegalen Streaming Seiten schon eingerichtet waren? Das wäre auch nach bisheriger Rechtsprechung illegal, man darf ja auf solche Seiten nicht mal verlinken. Da hätte sich nichts geändert.

  9. @Dirk
    Richtig, es geht um Kodi-Boxen mit vorinstallierten Addons, um von entsprechenden Seiten zu streamen.
    Auf ebay findet man viele Angebote, die in die gleiche Richtung gehen, auch in Kombination mit FireTV-Boxen oder -Sticks; die Anbieter sollten vielleicht jetzt etwas „defensiver“ werben, sonst dürfte damit bald Schluss sein.

  10. Solmecke z.B sieht das doch ziemlich anders bezüglich der „Nurgucken“ Problematik
    https://www.youtube.com/watch?v=uzOA09gomn0

  11. @Nina: Spannend dabei: Auf meinen Einwurf, dass es darum ja gar nicht ging, hat er nichts gesagt.

  12. Kommt es zum Gespräch, dass ich jeden Film kaufe, ernte ich blöde Blicke. Immer. Als wäre es ein Verbrechen, für gute Medien/Inhalte zu bezahlen. „Warum, wenn es auch kostenlos geht?“ kommt da immer. Klar, die Filmindustrie muss noch einiges dazulernen, was Kundenfreundlichkeit angeht. Aber für das böse DRM gibt es ja entsprechende Software – für die „Sicherheitskopie“. Habe ich nur noch nie gebraucht. iTunes + Apple TV und alle sind glücklich. Offline? Macbook und Airplay.

  13. @Jack68: So ganz eindeutig ist das nicht, darüber wird durchaus diskutiert, auch unter Juristen, und je nach Argumentation kommt man zu dem einen oder dem anderen Ergebnis. Die Tatsache, dass bisher noch niemand dafür verurteilt wurde, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es *nicht* illegal ist. Auf der anderen Seite gab es zumindest m.E. auch bisher noch kein Verfahren in dieser Richtung, wo das Gegenteil festgestellt wurde. Aber auch losgelöst von der augenblicklichen rechtlichen Situation sagt einem doch schon der gesunde Menschenverstand, dass es nicht legal sein *kann*, aktuelle Kinofilme ggf. auch schon vor der Veröffentlichung über das Internet zu schauen. Aber gut, die rechtliche Würdigung eines Sachverhaltes ist aber auch in der Tat oft nicht mit normalem Verstand zu begreifen.

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