EU wägt eine Art „Netflix-Steuer“ und Mindestquote für EU-Produktionen ab

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In der EU gibt es sowohl viele positive als auch viele negative Aspekte, die immer wieder in den Medien besprochen werden – auch hier bei uns im Blog. Die Einschränkung des GeoBlockings etwa ist ein Punkt, der zuletzt für viel Zustimmung gesorgt hat. Deutlich kontroverser dürfte der neueste Streich der EU-Kommission aufgenommen werden: Dem recht renommierten US-Politikmagazin Politico sind durchgesickerte Dokumente in die Hände gefallen, laut denen in der EU eventuell eine Art „Netflix-Steuer“ anstehen könnte.

Hintergrund: Streaming-Anbieter wie Amazon und Netflix sollen mit den Steuern helfen europäische TV- und Kino-Produktionen zu fördern. Vor allem Frankreich hat sich sehr für eine derartige Regelung eingesetzt. So ist Frankreich sehr auf einen hohen Anteil lokaler Produktionen fixiert. Allgemein haben die Franzosen sich in dieser Hinsicht etwas. Beispielsweise müssen ausländische TV- und Film-Produktionen in Frankreich auch stets französische Alternativtitel tragen.

Noch steckt das ganze Vorhaben aber in der Entwurfsphase. Neben möglichen Steuerabgaben könnten weitere, recht rigide Regelungen auf Streaming-Anbieter zukommen: Demnach sei im Entwurf auch erwähnt, eine Mindestquote für europäische Inhalte für die Streaming-Anbieter einzuführen. Mindestens 20 % des gesamten Content-Angebots müsste dann jeweils bei Netflix und Co. aus EU-Produktionen bestehen. Ob das für die Zuschauer wünschenswert wäre, ist natürlich eine andere Frage, werfe ich da mal ein.

Der 32-seitige Entwurf der „Audiovisual Media Services Directive“ würde den jeweiligen Staaten jedenfalls nach aktuellem Stand die Möglichkeit geben derartige Steuern und Quoten von Streaming-Anbietern fordern. Frankreich, Initiator der Angelegenheit, dürfte hier direkt zur Stelle sein. Aber auch in Deutschland könnte das z. B. heißen, dass Streaming-Anbieter die deutsche Filmförderung ebenfalls unterstützen müssten.

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Auf Anfrage von Ars Technica hat die EU-Kommission den Entwurf übrigens nicht dementiert, aber darauf verwiesen, dass man nächste Woche selbst offiziell die Vorschläge vorstellen werde. Zudem merkte ein Sprecher an: „TV-Sender investieren ca, 20 % ihrer Umsätze in europäische Produktionen. Bei On-Demand-Anbietern sind es aber gerade einmal 1 %. Der Entwurf soll zu Investitionen in europäische Produktionen ermutigen.“ Details folgen also bald und die durchgesickerten Angaben scheinen korrekt zu sein, liest man heraus.

In einzelnen Staaten gibt es übrigens schon Anforderungen zu den Anteilen europäischer Produktionen im Streaming-Angebot. Sie variieren jedoch sehr stark. Mit der allgemein gültigen Vorgabe von 20 % könnte die EU-Kommission hier Einigkeit schaffen. Irgendwie hat man hier als reiner Zuschauer allerdings den Eindruck, dass die Regelung vor allem Produktionsfirmen in der EU wirtschaftlich begünstigen würde. Ob dies dem Zuschauer qualitativ hochwertige Inhalte beschert, ist wohl eine andere Frage.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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24 Kommentare

  1. Die sind einfach nicht ganz dicht. Amerika ist der EU nunmal in allem was Internet etc angeht meilenweit voraus und dann wird das eben tot reguliert, bis der Endnutzer dann doch nichts mehr von hat.

  2. Die europäischen Sender/Produzenten/Geldgeber trauen sich jahrelang nicht an ordendliche Produktion ran und verschlafen komplett den aktuellen Serientrend. Lieber produzieren sie belanglosen Einheitsbrei. Dafür sollen sie jetzt mit einer Finanzspritze belohnt werden, die von den „Mutigen“ finanziert wird. Natürlich… Das ist selbstverständlich viel einfacher, als selbst guten Content zu erstellen, der dann von ganz allein nachgefragt wird. Stattdessen gibt’s in Zukunft, wenn die damit durch kommen, noch mehr Fördergelder für Scheiger-filme, die nie zurück gezahlt werden.

  3. Nicht euer ernst oder?! Haben die in Brüssel die Schildbürger losgelassen oder ist das ein verspäteter Aprilscherz?!
    Ich meine deutsche und EU Produktionen sind nicht schlecht, besonders die Engländer und Skandinavier können gute Serien machen – aber deswegen gleich auch noch ne Mindestquote und Netflix und Co auch noch Geld abknöpfen um das zu fördern?
    Man sollte sich vielleicht bei den Produktionen etwas mehr daran orientieren, was die Zuschauer sehen wollen und sollte sich auch mal ein wenig Gedanken drüber machen, ob soviele und teilweise auch lange Werbeunterbrechungen immer sein müssen – kein Wunder, das da immer mehr Leute zu Netflix und Co. abwandern.

  4. Lang lebe das FREIE INTERNET und die NETZNEUTRALITÄT … wie wollen die alle Dienste und alles gleich behandeln mit sowas?

  5. Frankreich? War ja klar, in deren Radios muss auch 90% französische Musik laufen…

  6. Die sollten lieber mal dafür sorgen, dass Apple endlich seine *regulären* Steuern in Milliardenhöhe zahlt, statt mit den in Europa eingenommenen Milliarden in dubiose Steueroasen zu flüchten.

    Ist halt alles eine Frage der Lobby.

  7. Die Quote ist eigentlich nicht verkehrt, aber dann auch für Rundfunk und Kino. Die europäische Kultur darf nicht von amerikanischen Unternehmen unterdrückt werden.

  8. Schlimm genug, dass wegen der unverschämt teuren GEMA viele youtube-Videos unbezahlbar werden. Jetzt wollen sie auch noch netflix verteuern um ihren Schrott zu fördern. Bin sehr froh darüber auf Netflix kaum minderwertigen europäischen Schund finden zu müssen. Da wäre mir jeder Cent zu schade, ganz besonders für diese Franzosen. Bin sonst kein besonders großer Fan von ‚murica, aber in Filmen und Serien sind die die mich zweifelsfrei konkurrenzlos.

  9. *Gute* europäische Serien laufen doch auch hier ganz gut, dafür ist durchaus eine Nachfrage da.

    Besonders die Engländer und die Skandinavier haben da immer wieder was zu bieten.

    Das die Franzosen und die Deutschen hingegen einen langweiligen Einheitsbrei auf 60er-Jahre-Niveau produzieren (oder amerikanische Erfolgsserien mehr schlecht als recht kopieren) und ein immer größer werdender Teil der europäischen Zuschauerschaft sich das nicht mehr ansehen will kann man doch mit einer versteckten Subvention dieser Produktionen (denn etwas anderes als eine weitere überflüssige EU-Subvention ist das ja nicht) kaum ändern.

    Von den Südeuropäern mal ganz abgesehen, hat es in den letzten 20 Jahren irgendeine italienische, spanische oder portugiesische TV-Produktion (egal ob Serie oder Fernsehfilm) gegeben, die außerhalb ihrer Heimatländer überhaupt jemand sehen wollte?

  10. Bei dieser Regulierung soll es ja vermutlich gerade darum gehen, dass amerikanische alrodiktionen nicht konkurrenzlos bleiben. Ob es das richtige Mittel ist, sei mal dahingestellt. Dennoch sind es vor allem die Produktionsbudgets und die (nicht ganz ungerechtfertigte) kritische Haltung der Zuschauer gegenüber heimischen und Eu Produktionen. Kein Status Quo, an dem.man sich unbedingt festhalten muss.

  11. Aus Frankreich kommen immerhin noch häufiger erfolgreiche Filme und aus England und Skandinavien erfolgreiche Serie, aus Deutschland kommt fast ausschließlich Scheiße. Wir verbrennen schon genug Geld mit der Filmförderung und das öffentlich-rechtliche System in Deutschland könnte mit seinen Milliardeneinnahmen auch heute hochwertige Serien produzieren. Wenn diese Steuer käme, würde ich mir wohl einen US Account holen, nur um diesen Mist nicht bezahlen zu müssen.

  12. Dann hoffe ich mal der brexit kommt nicht, die BBC Serien haben oft ein gutes Niveau und so konnte es mehr davon geben…

  13. Wenn sie im gegenzug das Geofencing verbieten wäre das doch ein deal für den kunden. Naja… also Netflix&co werden von beidem nicht begeistert sein.

    die 2 Euro mehr im Monat würde ich zahlen, das Geld schaft ja immerhin Arbeitsplätze und Kultur in Europa. Die Kameraleute, Tontechniker usw. werdens danken.

  14. „Streaming-Anbieter Steuer“ wäre als Überschrift wohl nicht zugkräftig genug gewesen? 😉

    Aber im Ernst…die Selbstbedienungsmentalität der Öffentliche Rechtlichen /Staatlichen Rundfunkanstalten sucht wirklich ihres gleichen. Der Auftrag ein Vollprogramm (an) zu bieten geht seit Jahrzehnten gründlich in die Hose. Oder habe ich das falsch verstanden? Und man muß voll sein um sich das Programm anschauen zu können?
    Ich tröste mich damit, dass die Nachrichten recht ordentlich produziert sind und ab und zu mal ne ordentliche Doku zu sehen ist. Aber wenn ich mich tagtäglich vor Augen führe welchen Mist ich solidarisch mitfinanziere wird mir schlecht. So…und jetzt planen die die den Hals nicht vollbekommen dass ich ZUSÄTZLICH zu den ZWANGSABGABEN noch mit meinem monatlichen Streaming-Gebühren genau das fördere was ich mit der GEZ schon einmal gezahlt habe?

    Das sogenannte „Vollprogramm“ muß erheblich mehr an den tatsächlichen Bedürfnissen der zahlenden Zuschauer angepasst werden.

    Je älter ich werde desto öfter frage ich mich ob ich auf dem falschen Planeten lebe.

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  15. Karl Kurzschluss says:

    Willkommen in Europa! So ist das auf einem Kontinent der Angsthasen. Nicht vergessen: hier leben die, deren Vorfahren vor Jahrhunderten zu feige waren um nach Amerika auszuwandern. Natürlich sind die Amis immer noch die Nachfahren von Briten, Franzosen, Italienern oder Deutschen. Eigentlich. Aber es waren eben die Mutigeren, die damals den Absprung geschafft haben, um sich nicht mehr mit schwachsinnigen Königen, Kaisern und sonstigem Gesocks rumschlagen zu müssen. Das waren die, die ihr Leben selbst bestimmen wollten. Das wirkt bis heute nach.

  16. Peter Van says:

    Seltsam, „Netflix“ hat doch viele Produktionen im Angebot, an denen Canal+ oder BBC beteiligt sind. Naja, vielleicht denken die an die Zeit nach dem Brexit, dann gehört ja GB nicht mehr zu Europa 🙂
    Deutschland ist doch das beste Beispiel dafür, das Zwangsabgaben nicht unbedingt Eigenproduktionen fördern, sondern Vetternwirtschaft und Verschwendung.
    Diese Drecks-EU geht einem nur noch auf den Sack. Höchste Zeit dieses misslungene Experiment zu beenden.

  17. Und gleichzeitig verhandeln sie über TTIP und merken nicht, wie paradox das ganze ist.

  18. Oh Nein, ich sehe jetzt schon wie sich Til Schweiger mit seinem Macbook an seinen Schreibtisch setzt und sich lachend an einem neuen Drehbuch vergeht.

  19. @Karl Kurzschluss

    Na ja, als Vorzeigemodell möchte ich das amerikanische Rundfunksystem aber auch nicht verstanden wissen.

    In reformiertet Form wäre ich mit unserem öffentlich-rechtlichen System schon einverstanden. Denn…die privaten Rundfunk-Anbieter haben für mich auf ganzer Linie VERSAGT!

    Die Öffis müssten nur endlich ihren verkrusteten Arsch hochkriegen, mal die Fenster aufmachen und frischen Wind durch die Heiligen Hallen des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks wehen lassen.

    Man wird ja noch mal träumen dürfen 😉

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  20. André Westphal says:

    Also aus Skandinavien und vor allem Großbritannien kommen schon gute Serien- und auch Filmproduktionen. Selbst ein kleines Land wie Dänemark hat viel hochwertigere Sachen zu bieten als wir in Deutschland – und das obwohl gerade bei uns mit dem ÖR ein System besteht, bei dem Geld wirklich nicht knapp ist. Wobei man da auch bedenken sollte, dass große Teile der Einnahmen halt nicht ins Programm fließen, sondern in die überbordende Struktur und exorbitante Pensionen. Trotzdem zeigt gerade das dt. System, dass viel Geld nicht zwangsweise auch viel guter Inhalt bedeutet.

    Ich glaube es wäre also eher über andere Mittel als potentielle Steuern oder Quoten sinnvoll Filme und Serien aus Europa zu fördern. Eher indem man den Talenten hilft sich zu organisiere und auch mal Qualität fördert. Doch stattdessen produziert man z. B. lieber günstig (auch bei ARD und ZDF) den xtem „Lebensmittel Check“, Koch-Shows, Boulevard-Talk und Seifenopern am laufenden Band – obwohl man das auch den Privaten überlassen könnte.

    Unternehmen wie Amazon und Netflix eine Quote aufzulegen fände ich aber deutlich unsinniger: Die bieten zurecht das an, was ihre Kunden sehen wollen. Wenn da massiv nach EU-Produktionen nachgefragt werden würde, würden sie mehr Eigenproduktionen starten oder mehr lizenzieren. Zumal ja auch so oder so, so eine Quote absurd wird, wenn die Anbieter dann verstärkt EU-Produktionen ins Repertoire aufnehmen – kein Mensch die aber guckt. Dann freuen sich zwar die Studios und Produzenten, weil ihre Struktur finanziert wird, aber das wäre dann der einzige Sinn: Stabilisierung einer Struktur, ohne Mehrwerte für den Zuschauer.

    Aber mal abwarten, kritisch sehe ich selbst das auch, allerdings gibts schon Für und Wider.

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