Elektronischer Identitätsnachweis soll beim deutschen Personalausweis als Standard aktiviert sein

Die Paranoiker unter euch werden nicht begeistert sein: Beim aktuellen Personalausweis gibt es ja die eID-Funktion, welche die eindeutige, elektronische Identifizierung erlaubt. Genutzt wird das in der Praxis aktuell aber kaum. Als ich etwa letztes Jahr meinen Ausweis erneuerte und auf dem Amt nach den Anwendungsmöglichkeiten fragte, erntete ich nur ein ratloses Schulterzucken der Sachbearbeiterin. Nun gibt es einen neuen Gesetzesentwurf der Bundesregierung „zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises“ (18/11279), der die Handhabung der eID-Funktion grundsätzlich ändern soll.

Laut dem Entwurf soll nämlich, das ist aktuell nicht der Fall, die Online-Ausweisfunktion des elektronischen Personalausweises grundsätzlich und dauerhaft angeschaltet sein. Aktuell kann man sich das selbst aussuchen, wenn man einen neuen Ausweis beantragt. Offizielle Begründung, warum man das Verfahren ändern will? Die eID-Funktion werde in der Praxis zu wenig genutzt und es sei bei „zwei Drittel der rund 51 Millionen ausgegebenen Ausweise“ die/eAT- / eID-Funktion deaktiviert. Entsprechend wenig wird die Funktion von Behörden oder gar Unternehmen praktisch angeboten.

Jetzt wird es dann auch pikanter: Laut dem Gesetzesentwurf will man auch das Verfahren vereinfachen, mit dem Behörden und Unternehmen berechtigt werden eID-Daten auszulesen. Experten streiten sich nun um den Gesetzesentwurf. Wie immer sind einige dafür, andere dagegen und manchmal wird das Für und Wider abgewogen. Constanze Kunz vom Chaos Computer Club etwa vertritt die Ansicht, dass ein durchaus gerechtfertigter Vertrauensmangel in die eID bestehe. Jener fuße darauf, „dass auf die Risiken, die mit der Benutzung einhergehen, nicht handfest und ehrlich hingewiesen wird„. Beispielsweise fehle speziell bezüglich der unterschiedlichen Lesegeräte eine transparente Aufklärung.

Auch wenn die eID-Funktion als Standard eingeschaltet wäre, hätten die Besitzer übrigens zumindest noch die Option den Personalausweis zu sperren. Pro-Argumente kommen entsprechend etwa vom Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm. Laut Schönbohm stimme sein Amt „dem Gesetzentwurf voll zu„.

Eine weitere Gegenstimme stammt vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Jürgen Müller. Er sieht in dem Gesetzesentwurf eine Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Außerdem würden den Datenschutz sichernde Standards unterlaufen. Er könne nur dann mitgehen, „wenn es tatsächlich keine verpflichtende Nutzung gibt„. Genau das müsse aber noch im Gesetz verankert werden. Nur dann sei die obligatorische Aktivierung tragbar.

Der Gesetzesentwurf würde brisanterweise in Zukunft auch die automatisierte elektronische Übermittlung der digitalisierten Passbilder an sämtliche Geheimdienste erlauben. Da greift natürlich Netzpolitik ein und bemängelt das unter anderem enorm. Letzten Endes drücke die Bundesregierung den deutschen Bürgern nun, nachdem jene von allein kein Interesse hatten, mit Zwang die eID aufs Auge. Das kann man interpretieren wie man will.

Manuell könnte man den dann wohl bald als Standard aktivierten Chip auf dem Personalausweis natürlich immer noch unbrauchbar machen – dazu gibt es viele Anleitungen im Netz. Letzten Endes läuft es darauf hinaus, dass man sich in der Regierung die eID-Technik eine Stange Geld hat kosten lassen und das Projekt nun nicht als gescheitert begraben möchte.

(via Deutscher Bundestag)

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden. PayPal-Kaffeespende an den Autor.

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36 Kommentare

  1. Frechheit, das passt zu Mutti und und den WahrheitsHeiko perfekt, immer weiter so.
    Erich Mielke hätte alles dafür gegeben, scheinbar sind wir jetzt bei Stasi 4.0, naja passt ja auch! Fügt sich bestens in die Reihe neben Internet of shitty things und Industrie 4.0 bestens ein, nur Mutti weis nicht was das Internetzugang oder so bedeutet…

    Ab in die Microwelle mit dem ding, das soll ja helfen!

  2. Mich wundert die Paranoiker-Einleitung. Den eigenen Text danach vielleicht nochmal lesen. Bedenken gegen dieses „Feature“ haben wohl wenig mit Paranoia zu tun.

  3. warum ist das system schuldt und muss geändert werden wenn es unsere regierung nicht schafft eine vernünftige aufklärungs campange zu starten , aber man sieht diese beispiele immer wieder bsp super-e10 ( auf einmal war es da und da es keiner kauft sollten alle dafür zahlen ) 116-117 ( 70% der Deutschen kenn die nummer ihres bereitschaftsarztes nicht wer ist schuldt das system ) .. und und und ..

    warum soll man was dauerhaft aktivieren was die nette damen vom schalter nicht kennt und auch die lesegeräte bei amt nochnicht mal den karten funktionieren.

  4. Bezüglich des system sehen wir seit Jahren das es nicht so läuft wie es soll.
    Erst locken unsere Eliten alle nach Europa, denn werden alle hier schon länger lebenden unter Generalverdacht gestellt, Gegner Mundtot gemacht usw.

    Wer denkt das Mutti und co dieses nur macht um Anträge zu vereinfachen der irrt aber gewaltig. Dazu kommt noch das Eigenleben der Geheimdienste und der unfähige Vorletzten die nie etwas davon gewusst haben!

    Klares NoGo!!!!

  5. Wer sich mit den Services beschäftigt wird feststellen das ausgerechnet BAYERN sehr fortschrittlich ist. Das Problem ist ja, wenig services -> keine nutzer bzw umgekehrt wenn es keine nutzer gibt -> gibt es keine services.

  6. Ich fand die Idee der eID bisher eigentlich gut.
    Allerdings stieß ich erst beim Versuch meine Adressänderung der zuständigen Stelle für Bafög mitzuteilen auf einen Anwendungsfall. Diesen konnte ich allerdings nicht nutzen, da es mir an einem Lesegerät fehlt.
    Die Ausweis App fürs Handy hab ich als sie dann endlich veröffentlicht wurde direkt getestet mit dem Ergebnis, dass mein Google Pixel XL den Ausweis nicht auslesen kann.
    Ich hab relativ früh einen Ausweis mit eID bekommen aber aufgrund fehlender Akzeptanz und fehlendem Lesegerät noch nie nutzen können.
    Ich sehe auch nicht ein warum ich mir ein Lesegerät für den PC kaufen sollte. Meistens würde ich vermutlich unterwegs diese Funktion brauchen. Zudem läuft auf meinem PC kein Windows, was dann die Unterstützung wieder einschränken kann. Da Linux ja das Lesegerät erkennen muss.

    Ich fände es super, wenn ich bei Verträgen meine Identität ganz ohne PostIdent nachweisen könnte. Dann könnte man viel einfacher Verträge online abschließen und auch wieder kündigen. Meiner Meinung nach sollte es dann aber so laufen, dass der Vertragspartner nur die für den Vertrag notwendigen persönlichen Daten bestätigt bekommt.

    Was meiner Meinung nach aber nicht sein darf – und das unabhängig von eID oder klassischer Speicherung der Daten bei den Bürgerämtern – dass Geheimdienste oder andere dritte (Rundfunkbeitragsservice, Werbetreibenden, etc.) Zugriff auf diese Daten bekommen.

  7. @Marie-Luise Orland (Schokohamster):
    Den Ausweis mit eID brauchst du für eine Adressänderung bei BAföG gar nicht, das geht auch ohne. Wenn du Daten aus deiner Akte sehen möchtest, dann ist der Ausweis Sinnvoll.
    Und auch mit Linux ist das verwenden des Ausweises kein Problem. 🙂
    Was das Google Pixel angeht, leider eine Doofe Situation, der Standard (bislang optional) der die Geräte zum Auslesen des Ausweises ermächtigt ist erst ab diesem Jahr verpflichtend.

  8. @Manuel: dass ich für die Adresseänderung den Ausweis nicht brauche ist mir bewusst. Wobei ich den Vorgang sehr bescheiden fand. Allerdings bin ich da eben über den Service gestolpert und hätte Mal nen Anwendungsfall gehabt.

    Die Frage beim Pixel ist halt: kann es die Hardware oder die Software nicht? Das konnte ich leider bisher nicht rausfinden.

    Ich weiß, dass die Software für den Ausweis auch mit Linux funktionieren soll. Die Frage ist nur ob auch alle Lesegeräte mit Linux funktionieren. Wobei ich eigentlich gar kein Lesegerät haben möchte, da es wie der chiptangenerator die meiste Zeit nur einstauben würde. Bei der aktuellen Verbreitung der Akzeptanz lohnt sich die Investition in so ein Lesegerät einfach nicht, zumal ich eben oftmals solche Sachen auch unterwegs mache. Eben immer dann, wenn sie mir gerade einfallen.

  9. Das ist ja ein milder Artikel, woanders wird es deutlicher ausgedrückt: Im Gesetz zum elektronischen Personalausweis versteckt sich ein automatisierter Abruf für Geheimdienste

  10. DragonHunter says:

    Wie wäre es denn mal, wenn man den Nutzern auch mal sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten einräumt… Dann wird das mehr mit der Nutzung… Aber solange es kein eGovernment gibt, wo der Perso von Nutzen sein könnte… Wozu soll ich mir da son Kartenleser ans Bein binden? Dafür dass der 364 Tage im Jahr in der Schublade verstaut und ich ihn einmal rausholfe für ElSter?

    Es muss mehr Nutzungsmöglichkeiten geben, sonst wird das nie etwas… Kann doch so schwer nicht sein. So vieles wurde versprochen und gekommen ist beinahe gar nichts. Lächerlich!

  11. Wie wäre es wenn der Nutzer und deutschen Bürger die auch zu Deutschland stehen über seine Daten entscheiden kann? Scheinbar wird auch bald das GG über flüssig – mit volle Kraft in die Diktatur!

  12. @Marie-Luise Orland: Der Vorgang hat definitiv Verbesserungspotenzial, aber das wird in absehbarer Zeit besser. 😉

    Mittlerweile gibt die AusweisApp² einige der bekanntesten Fehler aus, der häufigste ist das in der Firmware nicht die Extended Length Eigenschaft unterstützt wird. Vielleicht einfach nochmal ausprobieren? Dann weiß man vielleicht mehr. Extended Length kann man angeblich mittels XPosed aktivieren (leider noch nicht für Android 7 verfügbar)

    Die meisten der zertifizierten Geräte sind von Reiner SCT und die werden alle unter Linux erkannt.

  13. Paranoiker…soso.
    Wie kommst du darauf, dass dabei nur darum gehen würde, dass man das Projekt nicht als gescheitert begraben will? Das wäre zwar eine von vielen möglichen Erklärungen, aber eben nur eine von verschiedenen möglichen Erklärungen.

  14. Mal ab von dem Thema -> Artikel ist gut geschrieben.

  15. @Walter White (Heisenberg)
    So ist es, und das ist das Übelste bei dem Scheiss: biometrische Daten sollten in einem automatisierten Verfahren an Geheimdienste übermittelt werden (Augenmerk liegt auf Mehrzahl). Da kann man die Chipkarte in die Mikrowelle stecken wie man will, das hilft auch nicht. Aber die Entscheidung wurde erst einmal verschoben. Wird sich sicher irgendwann ein Moment finden wo weniger Volksvertreter im Bundestag anwesend sind damit der Mist schneller durchgewunken werden kann.

    De Maiziere und seine Bande von Hurensöhnen wären dann dafür verantwortlich dass die https://de.wikipedia.org/wiki/Informationelle_Selbstbestimmung (und damit ein Grundgesetz) ausser Kraft gesetzt wird. Wäre ja nicht das erste mal. Wer denkt meine gewählten Ausdrücke sind infantil: ich bin anderer Meinung.

  16. @kalle richtig, grosse Schreinerei, mit dem durchwühlen gebe ich dir recht, das wurde in den letzten malen genau so gemacht! Ich deine kann nichts an deinen ausdrücken finden, das ist noch geschmeidig ausgedrückt!

    Ich sehe das es alles zum grossen Plan gehört, was für ein Urteil soll den bei Nürnberg 2.0 um die Abschaffung des GG folgen?

  17. Gute Entscheidung. Ich habe auch ein Lesegerät.

  18. Dann müsst ihr die E-Funktion halt mit der Starbug Methode deaktivieren. Dazu braucht man ein Ceranfeld, der Sicherheitsimpuls jede paar Sekunden, ob ein Topf drauf steht reicht aus um die RFID beim Reisepass kaputt zu machen. Kann keiner beweisen, das ihr daran rumgefuscht habt, weil die Dinger auch so mal kaputt gehen.

  19. @Peter: und wie verhindert das die Weiterleitung der Daten an die Geheimdienste?

  20. @Manuel Stelzer:
    Die Ausweisapp hab ich aufm Handy und wie erwartet funktioniert sie eben nicht. Bisher konnte ich herausfinden, dass häufig das Problem nicht die NFC Hardware oder die Treiber sind, sondern dass eben die maximal mögliche Länge der Pakete fest eingetragen ist und man somit in der Anwendung die Meldung bekommt das extended length nicht unterstützt wird obwohl es hardwareseitig möglich wäre. Wie genau das beim Pixel ist konnte ich leider nicht herausfinden.
    Xposed wäre da vllt wirklich ne Option sobald das auch für Android 7 funktioniert. Wobei es mir lieber wäre, wenn Google endlich diese Beschränkung aus dem Code rausnimmt. Ein Ticket dafür ist schon seit einigen Jahren offen.

    Das mit den Lesegeräten war mir bisher nicht bekannt. Da könnte man evtl wirklich Mal schauen.

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